NDR Dokumentation: Schwere Pannen bei Fahndung nach „Maskenmann“

Kurz vor der Eröffnung des Prozesses gegen den
mutmaßlichen Kinderschänder Martin N. werden neue Fahndungspannen
bekannt. Das ergibt sich aus Dokumenten, die dem NDR vorliegen. So
hatten Polizei und Staatsanwaltschaft Ermittlungsakten vernichtet,
obwohl die entsprechenden Taten nicht verjährt waren. Außerdem wurde
eine von Eltern der Opfer angeregte öffentliche Warnung abgelehnt,
weil sie die Bevölkerung hätte verunsichern können. Das berichtet das
NDR Fernsehen in der Dokumentation „Der schwarze Maskenmann“, die am
kommenden Montag (10. Oktober) um 21.00 Uhr als Sondersendung zum
Prozessauftakt zu sehen ist.

Die vorzeitige Aktenvernichtung betrifft mindestens zwei Fälle.
Ein Zehnjähriger war im Jahr 1992 im Schullandheim Zeven-Badenstedt
vom „Schwarzen Mann“ missbraucht worden. Ermittelt hatte damals das
Polizeikommissariat Bremervörde. Als die „Soko Dennis“ im Jahr 2001
die Akten anforderte, bekamen die Beamten zu hören, dass der Vorgang
„nicht mehr existent“ sei. Nicht einmal das Aktenzeichen der
zuständigen Staatsanwaltschaft Stade konnte ausfindig gemacht werden,
da die Unterlagen angeblich „mittlerweile vernichtet“ worden waren.

Ähnlich erging es der Soko in einem Bremer Fall. Dort war ein
Junge zu Hause in seinem Kinderzimmer mehrfach missbraucht worden.
Als die „Soko Dennis“ einige Jahre später die Akten einsehen wollte,
war es zu spät: Der damalige Leitende Oberstaatsanwalt Jan Frischmuth
persönlich musste in einem Brief an die „Soko Dennis“ 2001
zerknirscht zu „meinem Bedauern“ die Vernichtung bestätigen. Die
Inhalte mussten aufwändig aus anderen Polizeiakten rekonstruiert
werden.

Auch die Kripo Bremen zeigte sich wenig zimperlich. Die Beamten
hatten die Schuhe eines Opfers als Beweisstücke beschlagnahmt. Als
der Vater des Opfers die Schuhe zwei Jahre später zurückforderte,
waren sie verschwunden. Für den zuständigen Beamten war diese Panne
offenbar kein Problem. Er notierte, dass „die Schuhe dem jetzt
13-jährigen Sebastian längst zu klein geworden“ sein dürften.

Derselbe Beamte reagierte ablehnend auf den Wunsch zweier
Opferfamilien, mit einer Presseveröffentlichung Eltern mit Kindern in
ihrem Bremer Wohngebiet Horn-Lehe zu warnen. Dort waren innerhalb von
zwei Jahren sieben Mal Jungen missbraucht worden. Doch das
Polizeipräsidium lehnte ab. Unter anderem mit der Begründung, die
Information der Öffentlichkeit dürfte „eine nicht zu verantwortende
Verunsicherung in der Bevölkerung“ verursachen.

„Der schwarze Maskenmann“: Montag, 10. Oktober, 21.00 Uhr, NDR
Fernsehen.

Bei Nachfragen wenden Sie sich bitte an Martin Munz, Telefon
040/4156-6969.

8. Oktober 2011/RC

Pressekontakt:
NDR Norddeutscher Rundfunk
NDR Presse und Information
Telefon: 040 / 4156 – 2300
Fax: 040 / 4156 – 2199
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