Volker Herres, Programmdirektor Erstes
Deutsches Fernsehen, hat in einer Pressemitteilung vom 7. Juli „die
Behauptungen, die in einer Studie von Otto Brenner Stiftung und
Netzwerk Recherche aufgestellt werden“, entschieden zurückgewiesen.
Er weist dabei allerdings zurück, was in der Studie gar nicht
behauptet worden ist.
Die Otto Brenner Stiftung nimmt wie folgt Stellung:
1. Zentraler Untersuchungsgegenstand der OBS-Studie ist die Frage,
ob auch überall Information drin ist, wo Information drauf steht. Der
Autor Fritz Wolf zitiert mehrmals öffentlich-rechtliche
Programmforscher, die herausgefunden haben und belegen können, dass
ein wachsender Anteil an Information eigentlich Infotainment ist –
vor allem bei den Privaten, aber eben nicht nur bei den Privaten.
In der Studie wird an keiner Stelle behauptet, dass der
„Informationsanteil“ im Ersten abgenommen hat. Vielmehr gibt der
Autor wichtige Ergebnisse der Programmforschung wieder (und belegt
das auch durch Tabellen), dass in den vergangenen Jahren die
Nachrichtenanteile im Programm recht stabil geblieben sind. Auf die
entscheidene Frage allerdings, ob auch überall Information drin ist,
was von der ARD als Information „verkauft“ wird, gibt die
Herres-Stellungnahme keine Antwort.
2. Die Aussage, dass TV-Nachrichten insgesamt in den vergangenen
Jahren unpolitischer geworden sind, stammt von dem Medienforscher
Prof. Dr. Georg Ruhrmann (Jena). Sie wird in der OBS-Studie zitiert.
Dazu gehört die Beobachtung, dass auch in den öffentlich-rechtlichen
Nachrichten häufig Personalisierung an die Stelle der Darstellung und
Analyse von Strukturen getreten ist.
3. Die Beobachtung, dass in den öffentlich-rechtlichen Sendern im
Jahre 2010 Katastrophenthemen mehr und Wirtschaftsthemen weniger
geworden sind, ist kein originäres Ergebnis der Wolf-Untersuchung,
sondern eine Erkenntnis des Programmforschers Dr. Udo Michael Krüger.
Der OBS-Autor hat selbst überhaupt keine eigene Programmbeobachtung
bei den öffentlich-rechtlichen Sendern angestellt, sondern die
öffentlich zugänglichen Ergebnisse der Programmforschung ausgewertet
und zusätzlich einige Interviews mit den Forschern geführt, die auch
in die OBS-Studie dokumentiert sind.
4. Die Aussage, dass die Primetime ab 20.15 Uhr insgesamt, also
bei allen Sendern, nach den Nachmittagszeiten die informationsärmste
Sendestrecke ist, lässt sich aus den Analysen des Instituts für
empirische Medienforschung ablesen. Das IFEM analysiert die
Programmstrukturen der fünf großen Sender.
5. An keiner Stelle der Studie findet sich die Behauptung, dass es
im Ersten weniger Dokumentationen und Dokumentarfilme gebe. Vielmehr
moniert der Autor, dass Dokumentarfilme und zahlreiche wichtige
Dokumentationen oft erst sehr spät, meist nach Mitternacht gesendet
werden, Dokumentarfilme auch gern im Sommer. Dann stimmt zwar das
„Mengengerüst“, aber die Sendezeit nicht.
Ein aktuelles Beispiel als Beleg? „Strom ohne Atom“ über
Atomausstieg und Energiewende lief am Mittwoch, dem 8. Juni, um 23.40
Uhr im Ersten. Ist das eine zuschauerfreundliche Sendezeit für ein so
wichtiges und heiß diskutiertes Thema? Eher doch ein Abschieben an
den Programmrand.
Der Autor begründet aus solchen Beobachtungen seine Forderung, die
öffentlich-rechtlichen Sender sollten ihren Informationsbegriff
weiter fassen und solche Produktionen, die die aktuellen
Informationen vertiefen können, stärker einbeziehen und den
Zuschauern nicht durch Spätprogrammierung vorenthalten.
Die Printfassung der Studie von Fritz Wolf: „Wa(h)re Information –
Interessant geht vor relevant“ kann (kostenlos) bestellt werden unter
http://ow.ly/5z6r2
Auf der Internet-Seite der Stiftung ( www.otto-brenner-stiftung.de
) finden Sie die ARD-Stellungnahme sowie weitere Reaktionen zur
Studie.
Der Autor der Studie, Fritz Wolf, steht für Rückfragen zur
Verfügung: wolf@dasmedienbuero.de oder 0211/3858615
Pressekontakt:
Jupp Legrand
-Geschäftsführung-
Otto Brenner Stiftung
Wilhelm-Leuschner-Straße 79
60329 Frankfurt am Main
Tel. 069/6693-2810 oder
www.otto-brenner-stiftung.de
info@otto-brenner-stiftung.de
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