Sinn für absonderliche Typen
Vielleicht war es der größte Coup Wolfgang Wagners: Für den
Jubiläums-„Ring“ 1976 verpflichtete er den jungen Franzosen Patrice
Chéreau. Und der legte, opernunerfahren, wie er war, die Latte so
hoch, dass sämtliche Nachfolger in Bayreuth nur mehr oder weniger
elegant darunter durchspringen konnten.
So haftet dem Plan, Wim Wenders mit der Regie des nächsten
Jubiläums-„Rings“ zu betrauen, etwas vom Mut der Verzweiflung an. Ein
Knalleffekt bei der Verkündung ist das Mindeste, was das Führungsduo
erzielen muss, und idealerweise verspricht der Kandidat eine
spannende Neudeutung von Richard Wagners Mega-Werk.
Beides ist erst einmal gelungen, vorausgesetzt, Wenders und die
Wagners finden in allen Details zusammen. Ein gewisser Risikofaktor
bleibt indes: Wim Wenders hat, im Gegensatz zu Chéreau, kaum
Erfahrung auf der Theaterbühne gesammelt. So wird die spannende Frage
lauten: Wie übersetzt Wenders seine Film- und Bildästhetik auf die
Bühne? Sinn für absonderliche Typen hat er ja in seinen Filmen immer
bewiesen. Im Umgang mit dem „Ring“-Personal könnte das hilfreich
sein.
Pressekontakt:
Neue Osnabrücker Zeitung
Redaktion
Telefon: 0541/310 207
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