Neue OZ: Kommentar zu Film / The Wolf of Wall Street

Die Börse, das Böse

In der Regel ist die Börse für das Kino zu kompliziert oder zu
langweilig. Wenn es doch mal ein Broker auf die Leinwand schafft,
dann als Schurke. Oliver Stones Finanz-Klassiker etwa macht die „Wall
Street“ zum Spielplatz eines menschenverachtenden Zynismus. Der
Dokumentar-Polemiker Michael Moore markiert ein Bankhaus mit gelbem
Band als Tatort und fordert die Manager auf, sich zu stellen.

Aber ist das Kino besser als die Finanzwelt? Nein. Hollywood war
von Beginn an so knallhart kapitalistisch organisiert, dass der
US-amerikanische Filmmarkt mehrfach durch kartellrechtliche Gesetze
und Urteile umgekrempelt werden musste. Heute sind große Filme ein
Geschäft mit einem Investitionsvolumen von Hunderten Dollarmillionen,
die Studios gehören globalen Konzernen – auch Universal, das Haus
hinter Scorseses „The Wolf of Wall Street“.

Sei–s drum. Kulturkritik wird nicht dadurch entkräftet, dass sie
Teil des Systems ist, gegen das sie sich richtet. Es ist allerdings
eine Stärke, wenn das Problem mitgedacht wird. Auch dafür gibt es
Beispiele: J. C. Chandors „Margin Call“ zeigte die Finanzkrise als
umfassenden Mechanismus, der für Gangster genauso unausweichlich ist
wie für die Mahner. Mutig!

Daniel Benedict

Pressekontakt:
Neue Osnabrücker Zeitung
Redaktion

Telefon: +49(0)541/310 207

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