Die Metamorphosen des Egon Schiele – BILD

Nach dem Sensationserfolg der eben zu Ende gegangenen
Ausstellung „Melancholie und Provokation“, in der die Gegenpole im
Werk von Egon Schiele (1890-1918) aufgezeigt wurden: Traurigkeit und
Weltschmerz auf der einen Seite, das Provokante, Aufwühlende auf der
anderen Seite präsentiert das Leopold Museum nun unter dem Titel „Die
Metamorphosen des Egon Schiele“ eine Neuaufstellung von
Schiele-Meisterwerken der Sammlung Leopold. Die von Elisabeth Leopold
kuratierte Präsentation widmet sich ab morgen, Donnerstag, 19. April
dem Thema der Wandlungsfähigkeit Schieles.

Zwtl.: Metamorphosen: Schiele verwandelte eigene Figur in
vielerlei Gestalten

Im Mittelpunkt der Zusammenstellung, die rund 20 Gemälde sowie
Dokumente und Autografen umfasst, stehen die Selbstdarstellungen des
Künstlers. Das Selbstbildnis war für Künstler seit der Renaissance
ein zentrales Thema, etwa für Albrecht Dürer, Anthonis van Dyck oder
Rembrandt. Doch in Schieles Selbstdarstellungen mutiert das Abbild
der eigenen Gestalt. „Schiele hat sich immer wieder selbst zum Modell
genommen und seine eigene Figur in vielerlei Gestalten verändert und
verwandelt“, erklärt Elisabeth Leopold. Diese Verwandlungen könne man
am besten mit dem Begriff „Metamorphosen“ beschreiben. Schiele setzt
die Körpersprache als Ausdrucksmedium so intensiv ein wie kaum ein
anderer Künstler. „Der Dargestellte wird zum Sinnbild des Eremiten,
des Nackten, des Entschwebenden im Sterben“, so Elisabeth Leopold.

Zwtl.: Eremiten und Entschwebung: Verwandlung vom Leben zum Tod

Gleich zum Auftakt der Ausstellung begegnet man mehreren
großformatigen figuralen Darstellungen. Es handelt sich um drei der
bedeutendsten Gemälde Egon Schieles. Im 1912 entstandenen Gemälde
„Eremiten“ verschmelzen Egon Schiele und Gustav Klimt in einem
schwarzen Mantel zu einer Doppelfigur. Darüber hinaus scheinen die
beiden Gestalten als Menschentypen ins Allgemeine gehoben. Schiele
schreibt in einem Brief an den Industriellen und bedeutenden
Kunstsammler Carl Reininghaus: „Sie sind Körper von
Empfindungsmenschen.“ In Schieles eindrucksvollem frühen Meisterwerk
„Sitzender Männerakt“ von 1910 stellt sich der Künstler als
hochexpressive Gebärdefigur dar, wenige Jahre später in dem
zweifigurigen Hauptwerk „Entschwebung“ (1915) zeigt Schiele die
Verwandlung vom Leben zum Tod.

Zwtl.: Traumbilder und verbotene Liebe

Umrahmt werden diese drei Hauptwerke von jenen irrealen
Traumbildern, die Schiele 1911 in der bedeutenden, von Carl Moll
geleiteten Galerie Miethke ausstellte: „Der Lyriker“, „Selbstseher
II“ und „Offenbarung“. Im selben Raum begegnet man einer ganzen Reihe
bedeutender Bilder aus dem Jahr 1912, allen voran auch Egon Schiele
und seine große Liebe Wally: „Selbstbildnis mit Lampionfrüchten“ und
das „Bildnis Wally Neuzil“ zählt zu den berühmtesten Bilderpaaren der
Kunstgeschichte. Passend zur amour fou der beiden, stellt Elisabeth
Leopold mit „Kardinal und Nonne“ hier auch die „verbotene“ Liebe
gepaart mit der dennoch unausweichlichen Anziehungskraft zwischen
Mann und Frau dar. Das „Selbstbildnis mit hochgezogener nackter
Schulter“ zeigt ein Antlitz voll Panik und Entsetzen. Formal von der
Anlage des „In-die-Ecke-Gedrängtseins“ schreit der Künstler mit
offenem Mund und aufgerissenen Augen gegen die feindliche Welt, die
seine Botschaft nicht verstehen will.

Zwtl.: Abschiedsbilder und antropomorphe Häuser

Ein weiteres Kapitel der Ausstellung beschäftigt sich mit den
Landschaften Schieles. Das Bild „Versinkende Sonne“ (1913) ist ein
Abschiedsbild. Der Vordergrund dunkel, von unendlicher Kälte, das
Meer grau. Der Himmel leuchtet in schwachem Karminrot. Die
horizontalen Linien sind durchbrochen durch zwei junge kahle Bäume.
Das dürre Laub ist starr vor Kälte. Die Sonne versinkt kaum merklich
als kleiner Ball im Meer. Sie nimmt Abschied, vielleicht kommt sie
nicht wieder. Hier hängen auch die Gemälde mit den anthropomorphen
Häusern, die durch die böhmische Stadt Krumau an der Moldau angeregt
wurden, mit ihren gotischen und Renaissance-Gebäuden, Häuser in engen
Gassen, umflossen vom schwarzen Fluss Moldau.

Zwtl.: „Niemandsland und Weltende“: Schieles Häuser am Meer

„Diese Häuser sind Ausdrucksformen einer geistigen Welt des
Künstlers“ sagt Elisabeth Leopold. Sie weist auf die leicht bewegten
Konturen hin, die gedeckten Farben, zwischen denen vereinzelt
Gebilde von leuchtender Farbigkeit auftauchen, etwa Dachrinnen,
Fensterrahmen oder aufgehängte Wäsche. Für Elisabeth Leopold handelt
es sich um „Seelenlandschaften“: „Über allem schwebt Melancholie und
Vergänglichkeit.“ Als Höhepunkt ist hier das selten gezeigte Bild Die
Häuser am Meer (1914) zu sehen. Zu diesem Bild aus dem Besitz Jenny
Steiners konnte im Vorjahr ein Teilvergleich mit der einzigen Erbin
Jenny Steiners erzielt werden. Elisabeth Leopold: „Jedes Haus gleicht
einem menschlichen Gesicht. Eine scharfe, horizontal Grenzlinie
hinter den Häusern markiert den Übergang zum hellgrauen Meer, aus
dem, weit draußen Felsen auftauchen, die sich vor dem dunkelgrauen
Himmel abzeichnen. Rudolf Leopold nannte diesen Horizont die
„Ewigkeitslinie des Niemandslandes und des Weltendes“.

Zwtl.: Klimt persönlich bis 27. August

Noch bis 27. August zu sehen ist die erfolgreiche
Jubiläumsausstellung „Klimt persönlich“, die einen frischen Blick auf
das Jugendstilgenie wirft.

Rückfragehinweis:
Leopold Museum-Privatstiftung
Mag. Klaus Pokorny – Presse / Public Relations
Tel.: 0043 1 525 70 – 1507
mailto:presse@leopoldmuseum.org
www.leopoldmuseum.org

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