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Sonntag, 26. Oktober 2025, 23.40 Uhr
Precht
Vermögen ist in Deutschland höchst ungleich verteilt. Wie gefährlich ist das für unsere Demokratie? Darüber diskutiert Richard David Precht mit der Politologin Martyna Linartas.
In kaum einem anderen westlichen Land ist das Vermögen so ungleich verteilt wie in Deutschland. Wissenschaftler sehen darin ein großes Problem. Denn: Je ungleicher eine Gesellschaft wird, umso mehr entwickeln sich soziale Spannungen bis hin zur Gefährdung der Demokratie.
Linartas argumentiert, dass sich Deutschland von einer Leistungsgesellschaft zu einer Erbengesellschaft entwickelt hat. Das Vermögen in Deutschland ergibt sich mittlerweile zu mehr als der Hälfte aus Erbschaften und Schenkungen. Vermögen wird demnach nicht erarbeitet, nicht verdient, sondern vererbt. Die Geburt in eine wohlhabende Familie entscheidet über Lebenschancen.
Es sei daher nicht nachzuvollziehen, warum ausgerechnet die Sozialausgaben als Problem angesehen werden – die extrem ungleich verteilten Vermögen aber nicht. Denn eine Politik, die Reiche bevorzugt und wenig gegen Armut und soziale Ungleichheit unternimmt, sei Gift für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und untergrabe das Vertrauen in die Demokratie.
Bezogen auf den Grad der Vermögensungleichheit bewege sich Deutschland auf dem Niveau von Ländern wie Mexiko, warnt Linartas. Die reichsten 10 Prozent der Haushalte besitzen mehr als die Hälfte des gesamten Nettovermögens. Das oberste 1 Prozent hält etwa 18 Prozent des Vermögens. Das ist mehr als die ärmsten 75 Prozent zusammen.
Grundsätzlich bestehe der Konsens, dass Steuern das demokratische Mittel der Wahl sind, um nicht nur die öffentlichen Kassen zu füllen, sondern auch Ungleichheiten abzumildern. Linartas attestiert der aktuellen Politik jedoch einen mangelnden Willen, etwa durch eine Vermögenssteuer, wie sie bis Ende der 1990er Jahre noch bestand, für mehr Gerechtigkeit zu sorgen.
Wie gerecht ist erben? Wie gerecht ist es, dass etwa gerade die Überreichen unverhältnismäßig hohe Klimaschäden verursachen, denen aber alle Menschen gleichermaßen ausgesetzt sind? In welchem Verhältnis stehen Vermögen und Macht, wenn man die Sozialleistungen für die ganz unten beschneidet, aber die oberen 10 Prozent der Deutschen nicht entsprechend in die Pflicht nimmt? Wie dringlich ist es gegenwärtig, den Tendenzen einer durch Ungleichheit dysfunktional werdenden Gesellschaft entgegenzuwirken? Darüber diskutiert Richard David Precht mit der Politologin Martyna Linartas.
Biografie Martyna Linartas: Die Politikwissenschaftlerin Martyna Linartas wurde 1990 in Polen geboren und lehrt heute an der Freien Universität Berlin. Linartas kam bereits im ersten Lebensjahr mit ihrer Familie nach Deutschland und verbrachte ein ganzes Jahr in einer Obdachlosenunterkunft. Sie studierte an der Freien Universität Berlin und wurden 2023 mit summa cum laude promoviert. Zwischen 2018 und 2021 arbeitete Linartas als Pressereferentin für Bündnis90/Die Grünen sowie für das Bundestagsbüro von Annalena Baerbock. 2022 gründete sie die Wissensplattform ungleichheit.info. In diesem Jahr erschien ihr Buch „Unverdiente Ungleichheit“ im Rowohlt Verlag.
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