Prüftätigkeit: KJM seit 2003 mit mehr als 2700 Indizierungsverfahren befasst

Herausforderung Internet: Indizierungsverfahren
spielen in der Prüftätigkeit der Kommission für Jugendmedienschutz
(KJM) eine immer wichtigere Rolle. So war die KJM seit ihrer Gründung
im April 2003 bis heute mit mehr als 2700 Indizierungsverfahren
befasst. Für die Indizierungsverfahren ist nach dem
Jugendschutzgesetz (JuSchG) die Bundesprüfstelle für
jugendgefährdende Medien (BPjM) zuständig. Indizierung bedeutet die
Aufnahme jugendgefährdender Angebote in die Liste jugendgefährdender
Medien. Dazu zählen unter anderem unsittliche, verrohend wirkende, zu
Gewalttätigkeit, Verbrechen oder Rassenhass anreizende Medien.

Die KJM gab bisher bei der BPjM rund 1550 Stellungnahmen zu
Indizierungsanträgen ab und stellte etwa 1150 eigene Anträge auf
Aufnahme in die Liste jugendgefährdender Medien. Allein in diesem
Jahr reichte die KJM bisher rund 210 Anträge und 100 Stellungnahmen
bei der BPjM ein – das sind nochmals mehr als im gleichen Zeitraum
des letzten Jahres.

Nicht nur die Menge, auch die Inhalte der Indizierungsverfahren,
an denen die KJM beteiligt war und ist, änderten sich über die Jahre:
Immer mehr Angebote weisen ein breites und komplexes Spektrum an
sexuellen und pornografischen oder gewalthaltigen Ausprägungen auf.
Auch Inhalte, in denen antisoziales, menschenverachtendes oder
gesundheitsgefährdendes Verhalten propagiert wird, sind zunehmend
Bestandteil der Prüfpraxis der KJM. „Das Web 2.0 mit seinen
interaktiven und dynamischen Strukturen macht unzählige Videos mit
rechtsextremistischen, gewalthaltigen oder pornografischen Inhalten
zugänglich. Besonders problematisch ist auch, dass es sich bei einer
Vielzahl der Angebote um Videos mit realen gewalthaltigen Inhalten
wie Schlägereien, Verstümmelungen und Enthauptungen von Menschen
handelt“, so der KJM-Vorsitzende Prof. Dr. Wolf-Dieter Ring.

Das Netz versammelt weltweit sexualisierte Körperbilder in nie
gekanntem Ausmaß – analog dazu machten den Großteil der Angebote, die
im Rahmen der Indizierungsverfahren im Jahr 2011 geprüft und bei
denen mindestens jugendgefährdende Inhalte festgestellt wurden, nach
wie vor pornografische Telemedien aus (rund 200 Angebote). Viele
stellten außergewöhnliche und bizarre sexuelle Handlungen – etwa
Atemreduktionstechniken, Fäkalsex oder sadomasochistische Praktiken –
dar. Nicht wenige zeichneten sich durch eine Verbindung mit
gewalthaltigem Handeln gegen Frauen aus. 50 der 200 Angebote waren
der schweren Pornografie – überwiegend Tierpornografie – zuzuordnen
und sind somit auch strafrechtlich relevant. Ebenfalls kritisch sieht
die KJM, dass sich die pornografischen Abbildungen kaum noch auf
Standbilder beschränken. Anbieter stellen vielmehr immer häufiger
frei zugänglich pornografische Filme, Clips oder bewegte
Einzelsequenzen von kostenpflichtigen Inhalten frei zugänglich zur
Verfügung. Außerdem gibt es mehr interaktive Elemente, beispielsweise
können Nutzer oft selbst Inhalte einstellen.

Extreme politische Aussagen und Lieder, Kennzeichen
verfassungsfeindlicher Organisationen oder unzulässige
Propagandamittel zum Download: rund 40 Angebote beinhalteten 2011
bisher rechtsextremistisches Gedankengut. Weitere 25 Angebote wurden
als mindestens jugendgefährdend aufgrund vorliegender Gewalt- bzw.
Tastelessdarstellungen bewertet. Zum Teil waren Abbildungen von
verstümmelten Leichen, „Köpfungsvideos“ oder detaillierte
Darstellungen von schwerverletzten Menschen zu sehen. Etwa 20
Internetangebote hatten Bilder von Kindern oder Jugendlichen in
unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung zum Inhalt. Einige
Angebote waren aus „sonstigen“ Gründen jugendgefährdend. Darunter
fielen beispielsweise so genannte „Pro-Ana-Foren“, die die Krankheit
Anorexia nervosa verherrlichten und Betroffene am Festhalten an der
Krankheit bestärkten, oder Suizid-Foren, die Selbstmord propagierten.

Die KJM ist laut Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) für die
Abgabe von Stellungnahmen bei Indizierungsanträgen zu Telemedien
zuständig. Sie kann aber auch eigene Anträge auf Aufnahme in die
Liste jugendgefährdender Medien stellen. Der KJM-Vorsitzende greift
für die Vorbereitung der Indizierungsverfahren auf die KJM-
Stabsstelle in München zurück. „Die KJM-Stabsstelle ist eine der
wenigen Stellen in Deutschland, die sich täglich mit solch
unvorstellbaren Internetinhalten auseinandersetzt“, sagt Verena
Weigand, die Leiterin der KJM-Stabsstelle. „Die Mitarbeiter und
Mitarbeiterinnen an der Basis müssen gewaltverharmlosende- und
verherrlichende, politisch extremistische und pornografische Inhalte
verdauen. Sie erhalten deshalb regelmäßig Supervision.“

Indizierte Angebote unterliegen weitreichenden Abgabe-, Vertriebs-
und Werbebeschränkungen, da die Inhalte nur Erwachsenen zugänglich
gemacht werden dürfen. Manche Inhalte dürfen gar nicht verbreitet
werden. Bei Telemedienangeboten, deren Anbieter im Ausland sitzen,
können diese Rechtsfolgen einer Indizierung in der Regel nicht
durchgesetzt werden. Diese Telemedienangebote werden in das so
genannte „BPjM-Modul“ aufgenommen. Es ist eine von der BPjM und der
Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter (FSM)
erstellte Datei zur Filterung von Telemedien, die in geeignete
nutzerautonome Filterprogramme als eine so genannte „Blacklist“
integriert werden kann. Durch die Vielzahl der Fälle sind große
Erfolge bei der Verfahrensdurchführung und damit bei der Durchsetzung
des Jugendschutzes im Internet zu verzeichnen.

Pressekontakt:
Für Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Leiterin der
KJM-Stabsstelle, Verena Weigand, Tel. 089/63808-262 oder E-Mail
stabsstelle@kjm-online.de

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