Die Macht des Mitgefühls
So ist das mit den Feindbildern. So etwas wie schlichtes Mitgefühl
kommt darin nicht vor. Deshalb muss die chinesische Regierung den
Spieß umdrehen: Hinter den mitfühlenden Spenden für Ai Weiwei sieht
sie den Künstler selbst als profitgierigen Drahtzieher. Von allein
wäre das in der Mehrheit „radikale und konfrontative Positionen“
ablehnende Volk ja nicht auf die Idee gekommen, dem Künstler helfen
zu wollen. Illegales Spendensammeln: Hinter dieser Unterstellung
steckt jede Menge Dämonisierung einer Symbolfigur.
Fragt sich nur, wie lange die Regierung die gewaltige
Solidarisierungswelle mit Ai Weiwei als Votum einer Minderheit
herunterspielen kann. Gelingt es ihr mit allen Mitteln, Weiwei in die
Knie zu zwingen und ihn wieder im Gefängnis zu isolieren und zu
stigmatisieren? Oder stimmt das Volk zunehmend mit den Füßen ab, etwa
im Internet oder eben mit übers Tor geworfenen Spenden, damit niemand
mehr von aktivem „Einsammeln“ sprechen kann? Mitgefühl und
Solidarität sind oft erstaunlich erfindungsreich, wenn sie einmal
geweckt sind. Chinas Regierung sollte sie besser nicht ignorieren.
Pressekontakt:
Neue Osnabrücker Zeitung
Redaktion
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