Der EU-Wahlkampf läuft fast unbemerkt von der
Öffentlichkeit so vor sich hin. Wer gedacht hat, diesmal würde eine
politische Auseinandersetzung in Österreich stattfinden, die ohne
Griff in unterste Schubladen auskommt, weiß es nun besser: Auch
diesmal wird wieder auf NS-Verharmlosung und rassistische Sprüche zum
Stimmenfang gesetzt.
FPÖ-Spitzenkandidat Andreas Mölzer hat zuerst einen Vergleich
zwischen der EU und dem Dritten Reich gezogen und dann, nach
Vorliegen eines Tondokuments, auch den Ausdruck „Negerkonglomerat“
bei einer öffentlichen Veranstaltung zugegeben. Dafür entschuldigte
er sich. In der Zeit im Bild 2 am Dienstag setzte der rechte Ideologe
eines drauf und meinte: „Neger ist ein normales deutsches Wort, das
kann man verwenden wie Zigeuner.“
Das ist aus Mölzers Sicht konsequent: In seinem Blatt Zur Zeit
wurde 2012 über den „pechrabenschwarzen“ Fußballspieler David Alaba
und seine Eltern hergezogen. Dort hieß es, dass „die echten Wiener
unserer Tage“ nunmehr „so aussehen“ wie David Alaba und dass nur noch
„der Blick auf die Altersheime“ erahnen lasse, was „wirkliche
Österreicher“ und „echte Wiener“ dereinst waren.
Diese Kaltschnäuzigkeit, mit der sich Mölzer abputzt und
weitermacht, als ob nichts geschehen wäre, zeigt, dass die FPÖ wieder
einmal aus einem solchen Spruch politisches Kapital schlagen will.
Auf den Vorwurf in einem derStandard.at-Kommentar, er sei ein
Rassist, antwortete Mölzer via Twitter: „Wenn Sie meinen …“
Mölzer hat bei der Veranstaltung im Februar wortwörtlich gesagt:
„Entweder sind wir ein Negerkonglomerat, totales Chaos, sage ich
jetzt bewusst brutal politisch nicht korrekt.“ Dass er das bewusst so
gesagt hat, daran wollte er sich dann aber kurzzeitig nicht mehr
erinnern, um dann doch in das übliche freiheitliche Muster zu
verfallen: Wenn eine Aussage für Debatten sorgt, dann kommt in
Anlehnung an Jörg Haider der „Meinetwegen entschuldige ich mich
halt“-Spruch – und es wird weitergemacht wie bisher. Das Kalkül
dahinter: Erregen tun sich eh nur ein paar – und die werden immer
weniger. Es könnte aber Stimmen bringen.
Es gibt viele Beispiele für diese kalkulierte Provokation. Dieser
„anschwellende Bocksgesang“ (Botho Strauß) gerade in Wahlkampfzeiten
mit dumpfen rassistischen, antisemitischen und ausländerfeindlichen
Anwürfen sowie verharmlosenden NS-Vergleichen hat System. Mölzer,
damals FPÖ-Grundsatzreferent, hat 1992 gemeint: „Es bahnt sich eine
Umvolkung an.“ Diesen Begriff verwendete auch der Salzburger
FPÖ-Spitzenkandidat Karl Schnell.
Als Jörg Haider 2001 beim politischen Aschermittwoch über den
damaligen Chef der Israelitischen Kultusgemeinde, Ariel Muzicant,
sprach, bediente er sich antisemitischer Klischees: „Ich verstehe
überhaupt nicht, wie einer, der Ariel heißt, so viel Dreck am Stecken
haben kann“, sagte er. Im Wahlkampf für den Vorarlberger Landtag 2009
wurde der Direktor des Jüdischen Museums Hohenems, Hanno Loewy, als
„Exil-Jude aus Amerika“ verunglimpft. Heinz-Christian Strache postete
auf Facebook eine Karikatur, die einen Banker mit Hakennase und
Davidsternen zeigte – und zeigte sich verwundert über die Angriffe.
Gegen Mölzer gibt es nur vereinzelt Rücktrittsaufforderungen. Es
ist erstaunlich, was man in diesem Land alles sagen kann – ohne
Konsequenzen.
Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445
Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom
*** OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER
INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS – WWW.OTS.AT ***
Sie muessen eingeloggt sein um einen Kommentar zu schreiben Einloggen