DER STANDARD-Kommentar: „Glatteis auf den Bühnenbrettern“ von Andrea Schurian

Ja, vor dem glatten Wiener Parkett sei er gewarnt
worden, sagte Matthias Hartmann fröhlich, aber ausgerutscht sei er
noch nicht. Das war zu seinem Einstand am Burgtheater im Herbst 2009.
Nun scheinen die Bühnenbretter ziemlich vereist zu sein. Die
Opposition fordert seinen Kopf. Aus der Schweiz tönt auch keine gute
Nachrede: Er habe zu Beginn Verluste gemacht und erst in seiner
letzten Spielzeit am Zürcher Schauspielhaus Gewinne geschrieben. Nun
droht der Burg für das Geschäftsjahr 2012/13 ein Bilanzverlust von
8,3 Millionen Euro, dazu könnten weitere fünf Millionen
Steuerschulden kommen. Ein zutiefst frustriertes Ensemble hat seinem
Chef, der sich selbst ein cholerisches Gemüt attestiert, das
Misstrauen ausgesprochen und SP-Kulturminister Josef Ostermayer um
Hilfe gebeten.

Die Forderung: Transparenz und Ende der Kündigungen. Zwar konnte
Hartmann die Besucherzahlen (von 390.259 auf 430.653) und die
Ticketeinnahmen (von 6,21 auf 7,49 Millionen Euro) merklich steigern,
dennoch musste er beim Personal einsparen und verkleinerte es um mehr
als ein Drittel._Zuletzt wurden sogar Verträge von Stars wie Udo
Samel und Corinna Kirchhoff nicht verlängert.

Georg Springer, Geschäftsführer der Bundestheaterholding, sagte im
ORF-Kulturmontag, die Staatsoper sei drastisch unterfinanziert, die
Volksoper am Rand des Überlebens, die Burg verschuldet: „Bei den
anderen Häusern ist noch nichts passiert. Warum ist beim Burgtheater
so viel passiert? Dies gilt es aufzuklären.“

Exakt. Diese Frage sollte sich der Bundestheatergeneral als
oberste Kontrollinstanz der drei Häuser gleich einmal selbst stellen.
Es ist billig, sich an der ehemaligen kaufmännischen Direktorin
abzuputzen. Silvia Stantejskys kreativer Abschreibungsmodus und die
Löcher-auf-Löcher-zu-Buchführung hätten einem funktionierenden
internen Controlling wie auch den externen Wirtschaftsprüfern
auffallen müssen und nicht erst einem von Hartmann zurate gezogenen
Experten aus Deutschland. Auch dass Stantejsky offenbar immer wieder
vergaß, bei Auslandshonoraren die Quellensteuer einzubehalten, wäre
ein klarer Fall für die Holding gewesen. Nun bastelt Springer,
gemeinsam mit Aufsichtsratsvorsitzendem Max Kothbauer, an
Sparvarianten.

Angedacht wird, das Kasino am Schwarzenbergplatz als dritte
Spielstätte wegzurationalisieren. Sollte man nicht eher überlegen, ob
Verwaltungsbüros und Kostümschneidereien tatsächlich auf tausenden
Quadratmetern im Hanuschhof in bester Innenstadtlage residieren
müssen?

Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich._Und doch: Fürs
Milliardengrab Hypo Alpe Adria wird der Finanzminister reichlich
Steuergeld lockermachen. Die Kunstschaffenden der Kulturnation
Österreich hingegen müssen sich im wunschlosen Glücklichsein üben,
wenn das Kulturbudget – 0,2 Prozent der Staatsausgaben – wenigstens
gleich bleibt.

Ostermayer hat sich hoffentlich nicht auf kulturelle
Schönwettermiene nach seiner Tagesarbeit als Kanzleramtsminister
gefreut. Denn er wird Versäumnisse seiner Vorgänger und
Vorgängerinnen ausbaden und (nicht nur über der Burg) einige
Rettungsschirme aufspannen müssen. Wer, mit zwei Ausnahmen, 17 Jahre
keine Budgeterhöhung gewährt, handelt fahrlässig und darf sich nicht
über – unbestritten patscherte – Versuche wundern, das Theaterwerkl
mit halblegalen und illegalen Methoden am Laufen zu halten.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

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