Vor ziemlich genau 39 Jahren fuhr ein erster Konvoi
mit österreichischen Panzergrenadieren im Auftrag der Uno vom
Suezkanal in Richtung Golan ab. Die Blauhelme schlugen sich auf zum
Teil abenteuerliche Weise durch, etablierten die UN-Mission auf dem
strategisch bedeutsamen Hochplateau, hielten über Jahrzehnte Israelis
und Syrer auseinander – und daneben die Region stabil. Lange Zeit
galt die United Nations Disengagement Observer Force (Undof) als eine
„Sunshine Mission“, als ein Einsatz, bei dem ein zünftiger Kater das
Gefährlichste war, was den Soldaten zustoßen konnte. Österreich
konnte sich damit trotzdem den ehrenhaften Ruf eines Landes erwerben,
das seine Soldaten nur für den Frieden aufmarschieren lässt. Mit dem
Ausbruch des Aufstands gegen das syrische Regime vor gut zwei Jahren
hat sich die Lage schlagartig geändert. Die UN-Mission geriet immer
mehr zwischen die Fronten, die syrische Armee setzte sich in der
entmilitarisierten Zone fest, im Mandatsgebiet der Undof liegen die
Dörfer von Unterstützern und Gegnern Präsident Bashar al-Assads nur
wenige Kilometer voneinander entfernt. Blauhelme wurden gekidnappt,
direkt beschossen oder von Querschlägern getroffen – der Sonnenschein
wich der Dunkelheit der Schutzbunker, ein militärischer Nutzen der
Mission war nicht mehr darstellbar. Die politische Entscheidung, die
österreichischen Soldaten abzuziehen, ist nach den jüngsten
Kampfhandlungen in dem Gebiet nur folgerichtig. Der ursprüngliche
Auftrag der Truppe – die Überwachung des Waffenstillstands zwischen
Israel und Syrien – ist unter diesen Umständen einfach nicht mehr zu
erfüllen. Und der gesamte Undof-Einsatz steht damit infrage. Die Uno
verlöre bei einem Ende der Mission eines ihrer wenigen Standbeine in
einer Region und in einem Konflikt, dem sie ohnehin schon seit Jahr
und Tag hilflos gegenübersteht. Daneben steigt das Risiko, dass auch
Israel direkt in die Kampfhandlungen hineingezogen wird. Ein erstes
Indiz dafür mag der Angriff von Rebellen auf das Bravo-Gate gewesen
sein – sie verlieren derzeit an allen Fronten gegen die Assad-Truppen
an Boden, eine regionale Eskalation der Kämpfe würde ihnen in die
Hände spielen. Genau dieses regionale Überschwappen des Konflikts auf
Jordanien, den Libanon und eben Israel ist ein Szenario, neben dem
das aktuelle Blutbad in Syrien als ein mildes Vorspiel erscheinen
mag. Niemand will sich ausmalen, was geschehen könnte, käme es
tatsächlich zu einem großen Nahostkrieg. Deswegen endet die
außenpolitische Verantwortung Österreichs für die Region auch nicht
mit der Rückkehr des letzten Bundesheersoldaten aus dem Krisengebiet.
Im Gegenteil: Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Michael
Spindelegger dürfen sich nicht damit zufriedengeben, ein großes
Risiko für den Nationalratswahlkampf eliminiert zu haben. Sie müssen
vielmehr, nachdem Österreich in dieser Krise unversehens einmal
tatsächlich so etwas wie weltpolitische Bedeutung erlangt hat, weiter
Außenpolitik machen. Sie müssen weiter auf eine Friedenslösung
drängen und so wie zuletzt bei der Debatte um das Waffenembargo der
Europäischen Union Flagge zeigen. Tun sie das nicht, dann müssen sie
sich den Vorwurf gefallen lassen, dass sie im Gegensatz zu den
Militärs weiter auf Sonnenschein-Mission sind.
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