Augen zu und durch: Alles spricht dafür, die
Verhandlungen über das Steuer- und Sparpaket nicht weiter in die
Länge zu ziehen, sondern zügig abzuschließen. Die Vertreter der
Beamten und der Bundesländer murren und wollen sich bitten lassen.
Das war abzusehen. Wenn sich die Bundesregierung nun auf langwierige
Verhandlungen einlässt, dann wird das Gesamtpaket wieder zerredet
werden. Sie kann gleich wieder von vorne anfangen.
Was bisher bekannt ist, klingt nach einem ausgewogenen Mix von
Ausgaben und Einnahmen. Die von Wirtschaftsminister Reinhold
Mitterlehner zu Verhandlungsbeginn ausgegebene 70:30-Formel scheint
aufzugehen. Er hat sich damit als Realist erwiesen – was das
Kräfteverhältnis in der Koalition betrifft und die Akzeptanz in der
Bevölkerung. Mitterlehner hat damit mehr Weitblick als VP-Chef
Michael Spindelegger gezeigt, der lange Zeit von einem rein
ausgabenseitigen Sparpaket gesprochen hat. Dadurch hat er den
Eindruck erweckt, es würde ohne Steuer- und Abgabenerhöhung gehen.
Dass die Bestverdienenden in irgendeiner Form einen Beitrag leisten
müssen, ist für die soziale Symmetrie unabdingbar. Verschiedene
Modelle waren in Diskussion, die Koalition hat sich für ein
treffsicheres entschieden, das zudem auf einem österreichischen
Sonderweg beruht. Denn die steuerliche Behandlung des 13. und 14.
Gehalts ist eine heilige Kuh, die in Österreich nicht geschlachtet
werden darf – das hat einst das Liberale Forum leidvoll erfahren.
Befürchtungen, dass damit der vielzitierte Mittelstand betroffen sein
wird, können angesichts eines Jahreseinkommens ab 180.000 Euro
zerstreut werden. Und Banken und Großkonzerne kommen durch die
geplanten Änderungen bei der Gruppenbesteuerung dran.
Auch gegen eine Steuer auf Umwidmungen von Grundstücken ist nichts
einzuwenden, weil hier viel Geld verdient werden kann. Man hätte noch
mutiger sein und die Einheitswerte neu berechnen müssen. Aber hier
hat die ÖVP vor allem die Landwirte schützen wollen. Dafür hat die
SPÖ nicht die von Gewerkschaften und Arbeiterkammer forcierte
Wiedereinführung der Erbschafts- und Schenkungssteuer durchsetzen
können.
Mehr Mut hätten die Koalitionäre gebraucht, um sich von
milliardenteuren Tunnelprojekten wie dem Koralmtunnel oder dem
Brennerbasistunnel zu verabschieden, die von Experten hinterfragt
werden und vor allem politische Gefälligkeiten für Landeshauptleute
sind. Es wäre auch die Chance gewesen, ökologische
Lenkungskomponenten bei Steuern und Abgaben einzuführen.
Immerhin etwas Mut haben die Koalitionäre bewiesen, indem sie das
Tabuthema Pensionen und Beamten angepackt haben. Dass der öffentliche
Dienst einen Obolus leisten muss, ist angesichts der relativen
Arbeitsplatzsicherheit und der Einkommenshöhe fair. Beim
Pensionseintrittsalter, das im Durchschnitt bei 58,9 Jahren bzw. 57,5
bei Frauen liegt, herrscht seit Jahren Handlungsbedarf. Dass endlich
Schlupflöcher geschlossen werden und über eine raschere Anhebung des
Frauenpensionsalters diskutiert wird, war überfällig.
Vor allem Michael Spindelegger hat es nun in der Hand, Fritz
Neugebauer und die Ländervertreter von der Notwendigkeit, sich dem
Gesamtpaket nicht zu verweigern, zu überzeugen. Sonst steht er als
Verlierer da.
Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445
Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom
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