Deutsche Erstaufführung von Tschaikowskys Kantate »An die Freude« zum 19. Usedomer Musikfestival

Das 19. Usedomer Musikfestival präsentiert am 3. Oktober dem Tag der Deutschen Einheit die deutsche Erstaufführung der Kantate »K Radosti« (An die Freude) von Peter Tschaikowsky. Zusammen mit der Sinfonie Nr. 9 von Ludwig van Beethoven werden beide Werke am geschichtsträchtigen Ort der ehemaligen Heeresversuchsanstalt in Peenemünde durch das Akademische Sinfonieorchester Nowosibirsk (Orchestra in residence des 19. Usedomer Musikfestivals) unter der Leitung Thomas Sanderlings gemeinsam mit dem Rundfunkchor Berlin und dem NDR Chor aufgeführt. Solisten sind Maria Bulgakova (Sopran), Marina Prudenskaja (Mezzosopran), Steve Davislim (Tenor) und Dimitry Ivashchenko (Bass).

Nach Auskunft der Tschaikowsky-Gesellschaft e.V. gab es in Deutschland noch keine dokumentierte Aufführung der etwa halbstündigen, groß besetzten Kantate. Beide Vertonungen der berühmten Ode Friedrich Schillers in einem Konzert würden daher eine Besonderheit darstellen, so der Vorsitzende des wissenschaftlichen Beirats der Tschaikowsky Gesellschaft, Prof. Dr. Thomas Kohlhase. Er betont weiterhin, dass dieses frühe Werk u. a. das »handwerkliche Können« des gerade 25-jährigen Studenten der Komposition gut dokumentieren würde und als Beweis seines Mutes gelten könne, unter dem Druck der Beethovenverehrung seiner Zeit zu komponieren. Tschaikowsky selbst war sich dessen auch bewusst, als er schrieb: Beethoven nehme »in meinem Herzen einen Platz ein […] wie Gott Zebaoth« (zit. n. Kohlhase, in: Tschaikowsky-Gesellschaft. Mitteilungen 12 (2005)). Das Werk musste von dem jungen Komponisten, so Thomas Kohlhase, in nur wenigen Wochen fertig gestellt werden. Tschaikowsky brauchte eine Zulassung zur Diplomprüfung bei seinem Lehrer Anton Rubinstein am Petersburger Konservatorium. Dabei durfte er weder Text noch Gattung selbst wählen. Die Veröffentlichung des Werkes lehnte er daher strikt ab.

Thomas Sanderling und sein Orchester widerstehen dem Verbot des großen russischen Komponisten und Meisters beliebter Opern, Ballette, Sinfonien und Konzerte. Sie präsentieren den jungen Peter Tschaikowsky als mutigen und begabten jungen Komponisten am Beginn seiner Karriere.

Thomas Sanderling ist fundierter Kenner russischer Musik. Nachdem der Komponist Dmitrij Schostakowitsch den Dirigenten mit dem Russischen Staatsorchester hörte, bat er ihn, seine 13. und 14. Sinfonie in der deutschen Erstaufführung zu dirigieren. Darüber hinaus nahm der Sohn, des bereits verstorbenen international geehrten Dirigenten Kurt Sanderling, zahlreiche Werke auf CD auf und erhielt dafür höchste internationale Auszeichnungen. Seine umfangreiche Gastspieltätigkeit führte u. a. zum Philharmonia Orchestra, dem London Philharmonic, dem Royal Philharmonic Orchestra, der Moskauer Philharmonie (Gedenkkonzert für David Oistrach) und zum Tschaikowsky Radio Symphony Orchestra in Moskau sowie auf internationale Konzertreisen. Aus Sibirien bringt Thomas Sanderling das erste Orchestra in residence des Usedomer Musikfestivals nach Deutschland – das Akademische Sinfonieorchester Nowosibirsk. Es zählt zu den bedeutendsten Orchestern Russlands mit einer beeindruckenden Liste an weltweiten Gastspielen und international renommierten Dirigenten und Solisten.

Zum 19. Usedomer Musikfestival erklingen dieses Jahr viele bekannte und weniger bekannte Werke Peter Tschaikowskys. Am 5.10. geben das Akademische Sinfonieorchester Nowosibirsk und Thomas Sanderling u. a. die Elegie G-Dur für Streicher »In memoriam Iwan Samarin« und die Serenade für Streichorchester C-Dur. Dem Cellisten David Geringas gelingt es zu Beginn seiner diesjährigen Meisterkurszeit mit der Eröffnung des Ostseemusikforums in vielfältiger Weise auf den großen Komponisten Bezug zu nehmen ohne auch nur ein Stück von ihm zu spielen (26.9.). Zum Abschlusskonzert lassen sich zwei weitere Werke des berühmten Russen erleben, die »Rokoko-Variationen« für Violoncello und Orchester und seine Orchestersuite Nr. 4 »Mozartiana«, eine Hommage an den berühmten Salzburger.

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