Ja, das Ruhrgebiet kann stolz sein auf seine
Geschichte. Aber das ist noch lange kein Grund, die zwei Jahrhunderte
von Kohle und Stahl, die gerade ihrem Ende entgegengehen, in
Kunstharz zu gießen. Genau das jedoch würde geschehen, wenn die
Region oder ganze Flächenzüge den Stempel des Unesco-Welterbes
erhielten, wie das jetzt einige Denkmalpfleger planen. Als gäbe es
keine Zukunft mehr für das Land zwischen Emscher und Ruhr!
Und ja, das Unesco-Siegel bringt Prestige und Fremdenverkehr. Es
wäre auch eine Auszeichnung für die vorbildliche Denkmal-Arbeit, die
seit langem hier geleistet wird. Andere Industriereviere Europas
haben ihre Vergangenheit unter dem Wahlspruch „Bloß weg damit!“
radikal ausradiert. Im Revier aber sind die Industriedenkmäler mit
neuem Leben erfüllt worden, umgebaut zu Theater- und Konzerthallen,
zu Diskotheken, Musikstudios und Weinzechen.
Mit dem Unesco-Siegel aber wäre das Revier abgestempelt als „von
gestern“. Es käme einer Veränderungssperre gleich, und Stillstand
braucht das Ruhrgebiet am allerwenigsten. Es braucht, im Gegenteil,
eine bessere Infrastruktur, es braucht Bewegung, aber nicht nur für
Autos, Bahnen oder Fahrräder. Und vor allem braucht es kein Welterbe.
Es hat am eigenen schon schwer genug zu tragen.
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Westdeutsche Allgemeine Zeitung
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