„Weltspiegel“: Sämtliche in Deutschland gebauten Tsunami-Messbojen vor Indonesien defekt

Nicht eine einzige der in Deutschland gebauten
Tsunami-Messbojen für Indonesien ist derzeit in Betrieb. Dies
berichtet das ARD-Magazin „Weltspiegel“ vom Norddeutschen Rundfunk am
Sonntag, 16. Oktober, um 19.20 Uhr im Ersten. Die für das
Tsunami-Warnsystem zuständigen indonesischen Stellen bestätigten,
dass die acht in den letzten Jahren vor Indonesiens Küsten
installierten Bojen gegenwärtig nicht funktionieren. Sie seien
beschädigt oder aus ihrer Verankerung gerissen. Auch andere Bojen aus
indonesischer oder amerikanischer Produktion seien nicht in Betrieb.
Von 16 insgesamt installierten Bojen arbeite derzeit nur eine.

Bei Dreharbeiten in Padang, einem der am meisten von Tsunamis
bedrohten Orte der Welt, machte eine Bürgerorganisation das ARD-Team
darauf aufmerksam, dass die vor West-Sumatra installierten deutschen
Bojen nicht funktionierten. „Wir wollten es erst nicht glauben“, so
ARD-Asienkorrespondent Robert Hetkämper, „aber dann fanden wir die
Bojen tatsächlich in einem Hafen liegend.“ Die Filmaufnahmen zeigen
ramponiert aussehende Messgeräte an den Schwimmkörpern.

Laut Jörn Lauterjung vom Geoforschungszentrum (GFZ) in Potsdam ist
der Ausfall der Bojen seit längerem bekannt. Erst im November jedoch
werde eine deutsche Delegation wieder nach Indonesien reisen und die
beschädigten Geräte überprüfen. Wann die Bojen wieder einsatzbereit
sind, dazu wollte sich Lauterjung nicht äußern: „Das
Tsunami-Frühwarnsystem in Indonesien besteht aus mehr als 300
Mess-Systemen. Kernstück sind 160 Seismometer an Land als schnellste
und wichtigste Grundlage für die Tsunamiwarnung. Bojen sind allgemein
als störanfällig bekannt, deshalb bilden sie auch im indonesischen
System nicht das Herzstück. Das Warnsystem selbst ist voll
funktionsfähig.“

Dem widersprechen Experten vor Ort, die in den Bojen sehr wohl den
wichtigsten Teil des Ganzen sehen. Der Leiter der Frühwarn-Abteilung
der indonesischen Agentur für Meteorologie, Klimatologie und
Geophysik, Wanodo, bestätigt im Interview, ohne die Bojen lasse sich
nach einem Erdbeben nicht mit Sicherheit ein Tsunami vorhersagen. Sie
seien „das Herz des Systems“.

Das Frühwarnsystem war erst im März 2011 offiziell an Indonesien
übergeben worden. Die Bojen sind auf dem Meer verankert und
registrieren die Veränderungen des Wasserspiegels. Die Messungen
sollen Aufschluss darüber geben, ob ein Erdbeben tatsächlich einen
Tsunami ausgelöst hat.

„Das Hauptproblem ist Vandalismus“, sagt der Ingenieur Waya Wira
Yogantara von der indonesischen Agentur für Entwicklung und
angewandte Technologie, BPPT. Fischer machten an den Bojen ihre Boote
fest. Dabei würden Mess- und Übertragungsgeräte beschädigt. In Netzen
verfangene Bojen würden oft losgeschnitten und gingen auf hoher See
verloren.

„Es hat sich bestätigt, was in der Region schon seit Jahren
befürchtet wurde“, so ARD-Korrespondent Hetkämper, „die
High-Tech-Bojen aus Deutschland sind zu anfällig für die Realitäten
in einem Entwicklungsland wie Indonesien.“

Deutschland hatte sich nach dem verheerenden Tsunami im Indischen
Ozean am 2. Weihnachtstag 2004 massiv für den Aufbau eines
Tsunami-Frühwarnsystems eingesetzt. Damals waren über 230.000
Menschen ums Leben gekommen, 130.000 davon allein in Indonesien. Neun
deutsche Forschungseinrichtungen waren an dem Frühwarn-Projekt
beteiligt, darunter das GFZ und das Deutsche Zentrum für Luft- und
Raumfahrt (DLR). Den größten Teil der Kosten von rund 100 Millionen
Euro trug Deutschland mit 45 Millionen Euro.

Sendetermin: Sonntag, 16. Oktober, 19.20 Uhr, Das Erste

Pressekontakt:
NDR / Das Erste
Presse und Information
Telefon: 040 / 4156 – 2300
Fax: 040 / 4156 – 2199
presse@ndr.de
http://www.ndr.de

Sie muessen eingeloggt sein um einen Kommentar zu schreiben Einloggen