In Ägypten und anderen arabischen Ländern
spielten die sozialen Netzwerke ihre Stärken wie Schnelligkeit,
explosionsartige Verbreitung und Unkontrollierbarkeit als Hilfsmittel
der demokratischen Opposition bravourös aus. Ohne Facebook und
Twitter hätten sich die Menschen nie so schnell artikulieren und
organisieren können. Der Begriff Facebook-Revolution war geboren.
Diese wirkte segensreich. Doch jetzt erleben wir die brutale
Kehrseite desselben Werkzeugs: Erst verabredeten sich Nutzer
spielerisch zu Flashmobs genannte lustigen Treffen. Doch die
Geschehnisse in Wuppertal zeigen endgültig, dass jetzt eine Welle
fast unkontrollierbarer Gewalt auf uns zurollt.
Unkontrollierbar? Ja, denn Einladungen zu Veranstaltungen in
Facebook kann kaum jemand verhindern. Selbst ein unrealistisches,
zwangsweises Abschalten von Facebook würde die Aktivitäten nur in
andere Netzwerke verlagern und zudem, wegen des zusätzlichen
Nervenkitzels, noch attraktiver machen. Ansonsten können Behörden nur
versuchen, Veranstaltungen rechtzeitig zu verbieten, die
entsprechenden öffentlichen Räume abzusperren und die Einlader
haftbar zu machen. Teilweise mag das helfen. Allerdings erinnert das
leider ein wenig an früher, als Polizisten mit dem VW-Käfer
versuchten, Ganoven im Sportwagen zu verfolgen. So schnell und
kreativ, wie unzählige Freaks die Entwicklung im Internet
vorantreiben, können Verwaltung und Polizei gar nicht
hinterherhecheln.
Es bleibt also vor allem die Hoffnung auf tiefere Einsicht und
Abnutzung. Wenn die Mehrzahl der friedlichen Feierwilligen merkt, wie
rasch sie in Gewalttaten verwickelt werden kann, wird sie hoffentlich
nicht mehr leichtfertig Einladungen aussenden beziehungsweise jedem
dubiosen Aufruf folgen.
Das Phänomen der ausufernden Feiern zeigt, wie rasch Netzwerke wie
Facebook Leute mobilisieren und unsere Gesellschaft verändern. Wobei
diese Dienste nur die Möglichkeiten bereitstellen. Entscheidend ist
auch in diesem Fall, was die Menschen daraus machen. Ein pauschales
Verteufeln von Facebook & Co. schösse deshalb über das Ziel hinaus.
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Westdeutsche Zeitung
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