In der französischen Kunstmetropole bewegte sich Käthe Kollwitz in dem anregenden Bohmekreis ihrer Studienfreundin Maria Slavona, zu dem berühmte Künstler wie Camille Pissarro oder Kunstkritiker und Schriftsteller wie Julius Meier-Graefe gehörten. Sie bewunderte die Impressionisten, besonders Édouard Manet und Edgar Degas, verehrte Auguste Rodin, den sie zweimal aufsuchte. Hugo von Tschudi, der bedeutendste deutsche Kunsthistoriker um 1900, bat Rodin persönlich in einem Empfehlungsschreiben, die junge Künstlerin aus Deutschland zu empfangen. Er pries ihr großes Talent und betonte, dass man sie zu den besten Künstlern zählen könne. Auf ihren Streifzügen durch die Privatgalerien erwarb Käthe Kollwitz einen frühen Pablo Picasso, und auf den großen Künstlerausstellungen sah sie Werke der Neoimpressionisten und der Nabis, etwa von Georges Seurat oder Aristide Maillol. Tagsüber während ihres zweimonatigen Aufenthalts 1904 arbeitete Käthe Kollwitz in der Klasse für Plastik an der Académie Julian. Abends besuchte sie wie viele Künstler die Vergnügungsstätten und die verruchten Lokale unter den Pariser Markthallen. Die Zeichnungen aus den „Caveaux des Innocents“ gehören zu ihren eindrucksvollsten Arbeiten dieser Zeit.
Das Käthe Kollwitz Museum Köln, das den weltweit größten Bestand an Kollwitz-Arbeiten beher-bergt, erhält für seine Jubiläumsausstellung Leihgaben namhafter internationaler und nationaler Häuser, darunter das Musée d’Orsay und das Musée Rodin in Paris, das British Museum in London, die Kunsthalle Bremen, das Städel Museum in Frankfurt, amerikanische und Schweizer Privatsammlungen; sogar aus Südafrika kommen Leihgaben. Diese beleuchten in der Ausstellung „Paris bezauberte mich“ einen anderen und neuen Aspekt im Werk als den weithin bekannten des sozialen Engagements von Käthe Kollwitz.
Die lichte und leichte Welt der Pariser Nachtlokale, Liebespaare, Aktdarstellungen und Straßen-sujets sind während ihrer Aufenthalte in Paris auch Themen von Käthe Kollwitz. Im vergleichen-den Sehen findet der Betrachter zu den wundervollen Variationen in ihrem Werk. Angeregt von den Pariser Zeitgenossen ließ sie sich zu großer Experimentierfreude mit Farbe, Fläche, Linie und Komposition inspirieren. In der Ausstellung sind einige ihrer schönsten farbigen Lithographien überhaupt zu sehen. Zu den Höhepunkten der Ausstellung zählt außerdem ihre Plastik „Liebespaar“, die sich auf das Werk von Rodin bezieht. Auch die Nähe vieler ihrer frühen Aktzeichnungen zu Rodin und Maillol tritt zum ersten Mal zu Tage.
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog, der zahlreiche neue Erkenntnisse in der Kollwitz-Forschung präsentiert und bisher unbekannte Kollwitz-Werke erstmals publiziert, darunter eine wunderbare Tuschezeichnung, vom Museum kürzlich als so genannter „Dachbodenfund“ erworben.
Katalog:
„Paris bezauberte mich“ – Käthe Kollwitz und die französische Moderne
Hg. H. Fischer und A. v. d. Knesebeck
Beiträge von D. Hansmann, E. Kepetzis, N. Lehni, A. Meyer, S. Rentsch, K. Sagner
Ca. 280 Seiten, ca. 200 farbige Abbildungen
26 x 30 cm, Leinen
Verlag: Hirmer
Preis: EUR 39,90
Erscheinen: Oktober 2010
Ausstellung „PARIS BEZAUBERTE MICH“:
29. Oktober 2010 – 16. Januar 2011
Pressevorbesichtigung: Donnerstag, 28. Oktober 2011, 11.00 Uhr
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