DER STANDARD-Kommentar: „Daumenschrauben für Rot-Schwarz“ von Günther Oswald

Österreichs Wirtschaftskapitäne und
Interessenvertretungen versuchen, die Regierung zu erpressen. Nicht
anders sind die jüngsten Wortmeldungen, die offenbar akkordiert
erfolgen, zu interpretieren. Die einen drohen unverfroren, andere
versuchen auf subtilere Art, Druck auszuüben. So ließ die Erste Bank
über den tschechischen Staatspräsidenten Milos Zeman durchsickern,
dass eine Verlegung des Firmensitzes von Wien nach Prag eine Option
sei.

Der Chef der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich rechnet laut vor,
wie viele Millionen an Bankenabgabe er sich ersparen würde, wenn der
Konzernsitz nicht in Linz, sondern im weniger als 300 Kilometer
entfernten München errichtet würde. Industriellenvereinigung und
Gewerkschaft fordern fast wortident eine Tarifreform. Und
Voestalpine-Chef Wolfgang Eder beklagt ganz offen die „mangelnde
Dialogbereitschaft der Regierung“, abgerundet mit der Drohung,
Hochöfen, die jetzt noch in Linz stehen, in ein paar Jahren
abzusiedeln.

Der Zeitpunkt für das Poltern ist nicht zufällig gewählt.
Finanzminister Michael Spindelegger und Kanzler Werner Faymann sind
gerade dabei, die letzten Details für das nächste Budget zu klären.
Die Motive der beteiligten Akteure sind aber keineswegs so homogen,
wie sie derzeit erscheinen mögen. Und nicht alle sind berechtigt.
Aber der Reihe nach: Den Finanzinstituten geht es darum, die
Bankenabgabe, die jetzt in den allgemeinen Staatshaushalt fließt, in
den EU-Abwicklungsfonds umzulenken. Über diesen sollen künftig
Pleitebanken abgewickelt werden. Raiffeisen und Co wollen sich
dadurch eine zweite Abgabe ersparen.

Dieser Wunsch mag zwar subjektiv nachvollziehbar sein, hat aber in
den nächsten Jahren, die von weiteren Milliardenbelastungen durch die
Hypo Alpe Adria gekennzeichnet sein werden, wenig Chance auf
Realisierung. Er wäre vor den Bürgern auch nicht zu argumentieren.
Das müssten eigentlich auch die Bankmanager wissen. Wenn das
Hypo-Desaster abbezahlt ist, dürfen die Banken ohnehin mit einer
reduzierten Steuerlast rechnen.

Diffiziler ist die Kritik des Voestalpine-Managers. Einerseits
wäre es fahrlässig, alle umweltpolitischen Ziele aufzugeben, nur um
bei den Energiekosten mit den USA, die voll auf Schiefergas setzen,
konkurrenzfähig zu sein.

Andererseits hat er natürlich recht, dass die Steuerlast
hierzulande zu hoch ist. Das zeigen mehr oder weniger alle
internationalen Vergleiche. Es geht dabei aber nicht um die Steuern
auf Energie, sondern um die Einkommensteuer und die Lohnnebenkosten.
Trotz Hypo-Desasters und gestiegener Staatsschuldenquote gilt daher:
Die Forderungen nach einer Steuerreform sind gerechtfertigt und
sollten möglichst bald in die Realität umgesetzt werden. Wobei Reform
natürlich nicht Entlastung für alle heißen muss und kann. Oft genug
wurde von Experten vorgerechnet, dass Österreich bei Erbschafts- oder
Grundsteuern noch Potenzial hätte und wegen unzähliger
Sonderregelungen hunderte Millionen Euro verschenkt.

Man könnte sich den Spielraum für eine Reform also durch
Umschichtungen schaffen. Dafür müsste man nicht auf das Jahr 2015
warten. Profitieren würden von einer Lohnsteuersenkung auch die
Arbeitgeber: Mit gestiegener Kaufkraft könnten wieder mehr Menschen
ihre Produkte kaufen, und der Druck, in die Schwarzarbeit
auszuweichen, würde sinken.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

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