ZDF-Magazin „Frontal21“: Neuer Direktor für Sachverständigenrat für Umweltfragen / Koalitionsfraktionen wollen politischen Einfluss – Sachverständigenrat wehrt sich

Die schwarzgelbe Regierungskoalition in Berlin will
den bisher unabhängigen Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU)
offenbar unter ihren politischen Einfluss bringen. Das geht aus einem
internen Papier der Koalitionsfraktionen hervor, das dem ZDF-Magazin
„Frontal21“ vorliegt. Das ZDF strahlt den entsprechenden Bericht am
heutigen Dienstag, 6. Dezember, 21.00 Uhr, aus. Die Initiatoren
fordern den Posten eines Direktors beim SRU, eine Position, die es
bisher noch nicht gab.

„Hierdurch soll der SRU dauerhaft in den (personal-) politischen
Einfluss- und Steuerungsbereich der Koalitionsfraktionen gebracht
werden“, heißt es in dem Papier weiter. Danach sei das Vorhaben
zwischen dem umweltpolitischen Sprecher der FDP, Michael Kauch, und
Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) im Konsens besprochen worden.

Der SRU sieht dagegen für eine neue Direktorenstelle keinen
Bedarf. In einem persönlichen Brief appelliert der Vorsitzende des
SRU, Prof. Martin Faulstich, an Umweltminister Röttgen, die
Unabhängigkeit der Regierungsberater zu sichern. In dem Schreiben,
das „Frontal21“ ebenfalls vorliegt, heißt es: „Nur wegen seiner
parteipolitischen Unabhängigkeit konnte der SRU unabhängig von der
jeweiligen Regierungskonstellation –unbequeme Wahrheiten–
aussprechen.“

Der SRU berät seit Jahren die Bundesregierung vor allem bei der
Umwelt- und Energiepolitik. Seine Ratsmitglieder werden vom Kabinett
berufen. Der Einrichtungserlass verbrieft die Unabhängigkeit des
Rates. So forderten die Sachverständigen lange vor der Katastrophe
von Fukushima einen schnelleren Atomausstieg und kritisierten die
schwarz-gelben Regierungspläne zur Laufzeitverlängerung von
Reaktoren. Schon im Jahr 2000 hatte der Rat auch die sogenannte
Öko-Steuerreform von Rot-Grün kritisiert.

Der FDP-Bundestagsabgeordnete Kauch rechtfertigte gegenüber dem
ZDF-Magazin den neuen Direktorenposten beim SRU. Es sei sinnvoll, die
Geschäftsstelle „akademisch aufzuwerten“, weil es „immer wieder
Kritik an methodischen Schwächen der Arbeit des Sachverständigenrates
gegeben“ habe. Umweltminister Röttgen teilte „Frontal21“ dagegen mit:
„Es hat keinerlei Absprache oder Zustimmung des Ministers zu einer
politischen Einflussnahme auf die Zusammensetzung des SRU gegeben.“
Röttgen weiter: „Für mich ist die politische Unabhängigkeit des SRU
wesentlich und eine Grundvoraussetzung für seine Arbeit.“

Tatsächlich hat der Haushaltsausschuss des Bundestages am 11.
November 2011 in einer sogenannten Bereinigungssitzung eine neue
Planstelle für einen Direktor beim Sachverständigenrat geschaffen,
ohne die Geschäftsstelle des SRU zu informieren. Die Grundbesoldung
liegt bei mehr als 6000 Euro im Monat.

Für Nachfragen in der Redaktion ist Michael Hölting unter der
Telefonnummer 030/2099-1254 Ansprechpartner.

Pressekontakt:
ZDF-Pressestelle
Telefon: +49-6131-70-12121
Telefon: +49-6131-70-12120

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