Die Geschichte des privaten Fernsehens ist immer
eine Geschichte der Tabubrüche gewesen. Die nackten Früchtchen, die
im Auftrag von RTL auf Quotenfang gingen, lösten einst noch Debatten
um die guten Sitten aus. Mit dem Wissen, was die Sender heutzutage
verbrechen, bleibt „Tutti Frutti“ als reizender Blödsinn in
Erinnerung.
Im täglichen Sozial-Spanner-Programm werden Frauen getauscht,
Kinder vermöbelt, Hässliche umoperiert, Schwiegertöchter gesucht,
Bauern verkuppelt, Messi-Wohnungen entrümpelt, und wenn das nicht
langt, begleiten wir ein tätowiertes Ehepaar aus Sachsen-Anhalt in
den Swingerclub. Im Konkurrenzkampf werden die Fälle immer
drastischer, die Teilnehmer immer verzweifelter, und sei es nur im
Kampf mit dem deutschen Hauptsatz. Es gilt, den Gaffer bis zur
nächsten Werbeunterbrechung bei Laune zu halten.
Die Hemmschwelle derer, die sich für eine Handvoll Dollar zum
Deppen machen und sich einer gackernden Meute auf den heimischen
Sofas zum Fraß vorwerfen, ist längst unterhalb der Wahrnehmungsgrenze
angelangt. Man fragt sich: Wie leben die Leute eigentlich weiter? Ein
paar wenige profitieren sogar von ihrem Auftritt. Wie tröstlich.
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Westdeutsche Allgemeine Zeitung
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