Zehn Jahre sind im bürgerlichen Leben eine lange
Zeit, im Fernsehen eine Ewigkeit. „Deutschland sucht den Superstar“
(DSDS) startete 2002. Die RTL-Sendung begründete ein neues Genre: die
Castingshow.
Das Format knüpfte an die Erlebniswelt junger Leute an:
Wettbewerb, Auslese, gesucht wurde der beste Sänger mit den härtesten
Nerven. Chef-Juror Bohlen verschärfte das Leistungsprinzip zum
TV-Darwinismus. Das Konzept traf den Nerv der Zeit. DSDS feierte
Erfolge in Serie, diente der Konkurrenz als Blaupause, stürzte gar
Quotenkönig Gottschalk vom TV-Thron. Vorbei.
Das Publikum hat zynisches Vorführen medienunerfahrener
Sangesdeppen und eiskaltes Dramatisieren unspektakulärer Lebensläufe
satt. Zudem lügt schon der Titel von DSDS: Einen „Superstar“ gab es
nie.
Indes waren die netten Versionen der Talentsuche – „The Voice of
Germany“ und „Unser Star für Baku“ – Widersprüche in sich:
Wettbewerbe ohne Wettbewerb.
Noch jedoch ist das Casting-Genre nicht tot. Aber es riecht schon
komisch. Denn der Zeitgeist hat sich gewandelt. Ego war gestern –
heute geht–s wieder ums Wir-Gefühl.
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Westdeutsche Allgemeine Zeitung
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