Siegfried Lenz zum 100. Geburtstag: Der NDR veröffentlicht Hörspiel-Schätze

Siegfried Lenz zum 100. Geburtstag: Der NDR veröffentlicht Hörspiel-Schätze

Zum 100. Geburtstag von Siegfried Lenz (1926–2014) veröffentlicht der NDR eine große Auswahl seiner Hörspiele neu. „Lenz berührt bis heute die Herzen der Menschen. Er schrieb nicht nur fesselnde Romane und Erzählungen, sondern war auch ein produktiver und vielseitiger Hörspielautor. Das Jubiläum ist ein wunderbarer Anlass, diese Hörspiel-Schätze neu zu entdecken“, so NDR Kulturchefin Anja Würzberg.

Die 16 Hörspiele, die jetzt in der ARD Audiothek verfügbar sind, stammen aus verschiedenen Schaffensperioden des Autors. Sie reichen von der Mitte der 1950er Jahre bis zum Jahr 2020 und umfassen sowohl Originalhörspiele, die exklusiv für den Hörfunk entstanden, als auch Adaptionen erzählerischer Werke.

Lenz und der NDR

Einen Großteil der Hörspiele, die Siegfried Lenz schrieb, verfasste er für den NDR, zu dem er eine besondere Verbindung hatte. Bereits ab 1947 arbeitete er beim damaligen Nordwestdeutschen Rundfunks (NWDR) in Hamburg und veröffentlichte bald erste eigene Beiträge. Seine Tätigkeit als freier Mitarbeiter trug wesentlich zur Sicherung seiner Existenz bei, als er sich als junger Schriftsteller etablierte. „Lenz war dem NDR insgesamt mehr als 30 Jahre eng verbunden. Dies spiegelt sich in der großen Zahl an Hörspielen und Radioessays, die das Archiv des NDR bereithält“, sagt Christoph Bungartz, Leitender NDR Redakteur bei NDR Kultur.

Ein Höhepunkt der nun veröffentlichten Auswahl sind die zusammengehörigen Produktionen „Zeit der Schuldlosen“ und „Zeit der Schuldigen“ von 1960/1961. Die beiden Politdramen setzen sich eindringlich mit der Kollektivschuld in Diktaturen auseinander und greifen damit ein Schlüsselthema von Lenz auf. „Zeit der Schuldlosen“ erlangte große Bekanntheit, wurde für die Bühne adaptiert sowie verfilmt – und zuerst als Hörspiel veröffentlicht.

Ein weniger beachtetes, aber nicht weniger faszinierendes Werk ist „Das Labyrinth“ (1967): Eine Gruppe von Frauen lässt Männer, die ihre Ehefrauen schlecht behandeln, in einem magischen Gartenlabyrinth verschwinden. Das Hörspiel ist eine ungewöhnliche Mischung aus absurder Erzählung, Krimi und Sozialkritik. Lenz nutzte den Rundfunk inhaltlich wie formal als Experimentierfeld und verfasste zum Beispiel auch Essays und Rezensionen. Einige Dialoge in seinen Hörspielen lesen sich wie Vorläufer der Gesprächsszenen seiner großen Geschichten und Romane.

Lenz – heute so aktuell wie damals

Eine neuerliche Aktualität bietet „Der Überläufer“: Das zweiteilige Hörspiel von 2020 ist eine Adaption des gleichnamigen, posthum veröffentlichten Antikriegs-Romans, den Lenz 1951 schrieb. Es erzählt die Geschichte eines jungen Wehrmachtsoldaten, der 1944 an der Ostfront gegen Russland kämpft, am Sinn des Krieges zweifelt und sich eindringliche Fragen stellt: Was ist wichtiger, Pflicht oder Gewissen? Wer ist der wahre Feind? Kann man handeln, ohne schuldig zu werden?

Exklusiv: Anna Haifisch illustriert Hörspiele von Lenz

Für die 16 Hörspiele gestaltete die renommierte Comiczeichnerin Anna Haifisch individuelle Illustrationen. Sie sind beim Abruf der Audios in der ARD Audiothek als Cover zu sehen. Anna Haifischs klare Linienführung und die charakteristische Mischung aus Humor und Melancholie haben ihr große Anerkennung eingebracht. Haifisch arbeitete bereits für Institutionen wie das MoMA in New York sowie für Publikationen wie Le Monde diplomatique. Mit ihrem Webcomic The Artist, der 2015 auf Vice.com startete, gelang ihr der internationale Durchbruch.

Weitere Informationen unter: www.ndr.de/lenzhoerspiele

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