Neue OZ: Kommentar zu USA / Literatur

Handy für Huckleberry!

Huckleberry Finn ist ein Kind der Südstaaten. Er lebt in den 40ern
des 19. Jahrhunderts. Die Abschaffung der Sklaverei ist für ihn eine
unvorstellbare Zukunftsvision. Mark Twain lässt ihn seine Geschichte
in der Ich-Form erzählen. Huck spricht, wie damals gesprochen wurde.

Ein Verleger streicht ihm nun das Wort „Nigger“ – und pfropft der
historischen Figur damit ein heutiges Bewusstsein ins Hirn. Genauso
könnte er ihn aus Sicherheitsgründen mit Schwimmweste und
Notfall-Handy über den Mississippi schicken.

Twains Romane sind ein frühes Zeugnis vom Kampf gegen den
Rassismus und selbstverständlich von ihrer Entstehungszeit
gezeichnet. Von der Figur und auch vom Autor darf niemand erwarten,
das Geschichtsbild des 21. Jahrhunderts vorwegzunehmen.

Paradoxerweise erreichen die Weißwascher denn auch das Gegenteil
des Erwünschten: Statt das Elend der Sklaverei zu veranschaulichen,
tilgen sie dessen kulturelle Spuren. Das nutzt keinem, beschädigt
aber das Gespür für die historische Schuld.

Pressekontakt:
Neue Osnabrücker Zeitung
Redaktion

Telefon: 0541/310 207

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