– Lokale Initiativen können zur Verbesserung der Beziehung
von muslimischen Bewohnern zu ihrer Stadt beitragen
Laut eines neuen, am heutigen Tage veröffentlichten Berichts der
Open Society Foundations werden Muslime von öffentlicher Politik und
Debatten zu den Themen Bildung, Arbeit und Wohnräume in Marseille
ausgeschlossen; aus diesem Grund sei es besonders schwierig, die
bestehenden Ungerechtigkeiten in den Griff zu bekommen.
„Marseille ist eine geteilte Stadt“, so Nazia Hussain, Direktor
des Projekts „At Home in Europe“ der Open Society Foundations. „Die
Stadt hat bereits eine Vielzahl innovativer Strategien umgesetzt, die
auf eine gezielte Förderung der Diversität abzielen. Ethnische
Spaltungen sind jedoch nach wie vor ein tief verwurzeltes Problem,
das fast alle Aspekte des täglichen Lebens der Muslime in Marseille
betrifft.“
Muslime in Marseille [http://www.soros.org/initiatives/home/arti
cles_publications/publications/muslims-marseille-20110920 ] bietet
Einblicke in das tägliche Leben in Frankreichs zweitgrösster Stadt,
insbesondere in die Nachbarschaft des 3. Arrondissement der Stadt.
Auch wenn keine exakten Daten vorliegen, lassen Forschungen darauf
schliessen, dass etwa 30 bis 40 Prozent der Bevölkerung von Marseille
muslimischer Abstammung sind. Der Grossteil entfällt dabei auf das 3.
Arrondissement. Die Frage nationaler Identität und Zugehörigkeit nahm
innerhalb der vergangenen zwei Jahrzehnte nicht nur in Marseille,
sondern auch im übrigen Teil des Landes an Bedeutung zu.
„Marseille wird häufig als eine der kosmopolitischsten Städte
Europas bezeichnet. Trotzdem hat die Stadt Schwierigkeiten, die
vielfältige Identität seiner muslimischen Bürger anzuerkennen“, sagte
Hussain. „Muslime möchten sich nicht einzig und allein über ihren
Glauben definieren, sondern auch als gleichberechtigte französische
Bürger gesehen und behandelt werden. Nichtsdestotrotz werden sie
häufig nur über ihre religiöse Identität beurteilt und stehen daher
in Politik und Debatten im Hintergrund.“
Kernpunkte:
– 55 Prozent aller Muslime vertraten die Ansicht, sie würden
zu Marseille gehören, während 70 Prozent aller Nicht-Muslime ein
Gefühl der Zugehörigkeit zu ihrer Stadt zum Ausdruck brachten.
– Muslime und Nicht-Muslime teilten grundsätzlich die
Ansicht, dass Araber (65 Prozent), Schwarze (55 Prozent) und Muslime (38
Prozent) Rassenvorurteilen zum Opfer fallen würden.
– Der Bericht suggeriert auch, dass das Bildungsumfeld in den
Schulen des nördlichen Stadtbezirks von Marseille in erheblichem
Kontrast zu dem der Schulen in den südlicheren Bezirken steht. Dieser
Sachverhalt trägt unmittelbar zum niedrigeren Bildungsstand bei, der in
den stark muslimisch geprägten Schulen des nördlichen Stadtbezirks
verzeichnet wird.
– Die Bemühungen, rassenbedingte und religiöse
Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt entgegenzuwirken, sind beschränkt.
Der Grossteil aller Initiativen auf dem Arbeitsmarkt konzentriert sich
auf die Erweiterung von Kompetenzen, anstatt Arbeitgeber an
diskriminierenden Handlungen aufgrund von Ethnizität oder Rasse zu
hindern.
– Getrennte Wohngebiete sind ein wesentlicher Bestandteil von
Marseille. Die Stadt teilt sich in urbane Neubaugebiete im Norden, wo
Muslime und sozialwirtschaftlich benachteiligte Gruppen den Grossteil
der Bevölkerung ausmachen, und wohlhabende südlichere Stadtbezirke mit
einem wesentlich geringeren Bevölkerungsanteil mit muslimischem oder
sonstigem Migrationshintergrund.
– Ausländischen, nicht-europäischen Einwohnern ist die
Teilnahme an Landeswahlen laut französischem Gesetz untersagt. Dies
betrifft gleichermassen alteingesessene Immigranten und Neuankömmlinge
ohne französische Staatsbürgerschaft und schliesst somit etwa ein
Drittel aller potenziellen muslimischen Wähler von Wahlen aus.
Muslime in Marseille [http://www.soros.org/initiatives/home/arti
cles_publications/publications/muslims-marseille-20110920 ] ist das
Ergebnis von mehr als drei Jahren Forschungsarbeit. Die
hauptsächlich qualitative Studie bietet einen Einblick in das Leben
der Menschen in Marseille.
Die Studie ist Bestandteil der Berichtsserie Muslime in Städten
der EU. Diese konzentriert sich auf 11 Städte innerhalb der
Europäischen Union, die allesamt einen signifikanten muslimischen
Bevölkerungsanteil aufweisen: Amsterdam, Antwerpen, Berlin,
Kopenhagen, Hamburg, Leicester, Marseille, Paris, Rotterdam,
Stockholm und den Londoner Stadtteil Waltham Forest.
Die Open Society Foundations arbeiten am Aufbau von lebendigen
und toleranten Demokratien, deren Regierungen sich verantwortungsvoll
um ihre Bürger kümmern. In enger Zusammenarbeit mit Lokalgemeinden in
70 Ländern setzen sich die Open Society Foundations für Gerechtigkeit
und Menschenrechte, Meinungsfreiheit sowie den öffentlichen Zugang zu
Gesundheitsversorgung und Bildung ein.
Pressekontakt:
Helene Irving (London), helene.irving@osf-eu.org,
+44-(0)-7833-451-754; Florence Lardillon (Marseille),
universitedu-citoyen@wanadoo.fr, +33-(0)-6-16-30-02-54, Rachel Hart
(New
York), rhart@sorosny.org, +1-212-548-0378
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