Sicherheitsbehörden haben die Ausreise gewaltbereiter
Islamisten aus Deutschland jahrelang gebilligt oder sogar
unterstützt. Dies erklärte der Leiter der Abteilung polizeilicher
Staatsschutz und Terrorismusbekämpfung des Bayerischen
Landeskriminalamtes, Ludwig Schierghofer, im Interview mit dem
WDR-Magazin MONITOR (heute, 21:45 Uhr im Ersten). Damit könnten
zahlreiche aus Deutschland kommende Sympathisanten der radikalen
Islamisten-Organisation „Islamischer Staat“ mit Billigung deutscher
Behörden nach Syrien ausgereist sein.
„Wenn sich jemand radikalisiert hatte und ausreisen wollte, dann
hat man versucht, ihn auch ausreisen zu lassen oder auch durch
ausländerrechtliche Maßnahmen die Ausreise auch noch zu
beschleunigen“, sagte Schierghofer. Er bezieht sich dabei auf ein
vertrauliches Papier des Bundesinnenministeriums aus dem Mai 2009.
Auf vier Seiten regelt es die „Verfahren und Maßnahmen bei der Aus-
und Einreise von gewaltbereiten Islamisten“. Das Papier habe laut
Schierghofer sowohl die Möglichkeit eröffnet, die Ausreise
gewaltbereiter Islamisten aus Deutschland zu verhindern als auch
diese zuzulassen.
Bei der Prüfung der Einzelfälle habe dies allerdings dazu geführt,
dass ein großer Teil der gewaltbereiten Islamisten aus Deutschland
ausreisen konnte. Grundgedanke war dabei laut Schierghofer der
„Schutz unserer Bevölkerung“. Die Überlegung sei damals gewesen,
„Personen, bei denen die Gefahr besteht, dass sie Anschläge begehen
werden, außer Landes zu bringen“, so der LKA-Beamte.
Der ehemalige Bundesinnenminister Gerhart Baum übt scharfe Kritik
an dieser Praxis: „Das ist ja einigermaßen zynisch, zu sagen, die
Gewaltbereiten sollen möglichst nicht in unserem Land Gewalt ausüben,
wenn sie das schon tun wollen, sollen sie ausreisen. Man verlagert
das Problem in andere Länder. […] Das geht nicht.“ Das
Bundesinnenministerium erklärte gegenüber MONITOR: „Die
Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder nutzen alle rechtlichen
Möglichkeiten, um die Ausreise von Personen zu unterbinden, die sich
in Krisenregionen an terroristischen Gewalttaten beteiligen wollen.“
Nach Aussage von LKA-Staatsschutz-Chef Schierghofer gilt diese
restriktive Praxis allerdings erst seit Herbst 2013. Das
Bundesinnenministerium habe seine Haltung erst unter dem Eindruck der
jüngeren Entwicklungen in Syrien und im Irak geändert.
Pressekontakt:
Uwe-Jens Lindner
WDR Presse und Information
Telefon 0221 220 7100
uwe-jens.lindner@wdr.de
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