Die meisten Bundesländer leisten sich großzügigere
Pensionsregelungen für ihre Regierungsmitglieder als der Bund. Das
berichtet das ARD-Politikmagazin „Report Mainz“ heute Abend unter
Berufung auf eine Auswertung der Ruhegehaltsregelungen in den
Ministergesetzen aller Länder und des Bundes. Hoch verschuldete
Länder wie das Saarland und Sachsen-Anhalt zahlen
Regierungsmitgliedern schon nach kurzer Amtszeit und lange vor der
für Bundesminister geltenden Regelaltersgrenze von 67 Jahren
umfangreiche Ruhegehälter. So haben die vier saarländischen Minister
von FDP und Grünen, die wegen des Scheiterns der Jamaika-Koalition in
der vergangenen Woche entlassen wurden, trotz ihrer vergleichsweise
kurzen Amtszeit von nur rund zwei Jahren bereits ab 60 Jahren
Anspruch auf rund 1.700 Euro Pension monatlich. Ein
Durchschnittsverdiener müsste für die gleiche Summe mehr als 60 Jahre
in die Rentenkasse einzahlen. Außerdem haben die vier Minister trotz
ihres nur zweijährigen Intermezzos in der Saarbrücker Landesregierung
bereits Anspruch auf zwei Jahre Übergangsgeld von rund 152.000 Euro.
Die Bundesregierung hat die Pensionsregelungen für Bundesminister
im Jahr 2008 deutlich verschärft (BGBl I 2018, Gesetz vom
23.10.2008). Die Mindestamtszeit für Pensionsansprüche wurde damals
auf vier Jahre heraufgesetzt und der Bezugsbeginn an die für Beamte
geltende Regelaltersgrenze von 67 Jahren angeglichen. Diese Reform
galt zudem rückwirkend bis 2005. Bundesminister, die weniger als vier
Jahre im Amt waren, wie Michael Glos (CSU) und Olaf Scholz (SPD),
erhielten daher keine Pensionsansprüche. Die meisten Bundesländer
haben ihre Pensionsregelungen bei Mindestamtszeit und Bezugsbeginn
jedoch bisher nicht an den Bund angepasst. So bekommen Landesminister
vielfach bereits nach nur zwei (in Bremen, Hessen, Saarland,
Sachsen-Anhalt, Thüringen) oder drei (in Niedersachsen) Jahren im Amt
Pensionsansprüche. Sie können zudem unter Umständen altersunabhängig
(in Berlin, Mecklenburg-Vorpommern) bzw. bereits ab 55 Jahren Pension
beziehen (in Brandenburg, Hamburg, Hessen, Niedersachsen,
Nordrhein-Westfalen, Saarland, Sachsen-Anhalt).
Im Interview mit „Report Mainz“ kritisieren die
Verfassungsrechtler Prof. Hans Herbert von Arnim und Prof. Ulrich
Battis die in den meisten Ländern im Vergleich zum Bund großzügigeren
Ministerpensionen scharf. Prof. von Arnim erklärte: „In mehreren
Ländern bekommen Regierungsmitglieder geradezu Luxuspensionen, sie
bekommen sie zu früh und sie bekommen sie nach ganz kurzen
Amtszeiten. Das ist unhaltbar, da müssen schleunigst Reformen
vorgenommen werden.“ Es sei sachlich durch nichts zu begründen, warum
Landesminister bei der Pensionsregelung besser gestellt sein sollten
als Bundesminister, die eine viel größere Verantwortung zu tragen
hätten. Prof. von Arnim mahnte gegenüber „Report Mainz“ eine rasche
Neuregelung an: „Die Länder mit den üppigen Pensionen für
Regierungsmitglieder haben sich viel zu lange Zeit gelassen. Sie
müssen jetzt endlich die Reform durchführen und die unhaltbaren
Auswüchse bei der Altersversorgung beseitigen.“ Auch
Verfassungsrechtler Prof. Battis hält die großzügigen Pensionen in
den meisten Ländern vor dem Hintergrund der Diskussion um die Rente
mit 67 für nicht vertretbar: „Es gibt hier eine zu hohe Versorgung,
die im krassen Widerspruch steht zur Versorgung der Normalbürger,
aber auch zur Versorgung von Bundes- und anderen Landesministern. Und
das ist ein mehrfacher Widerspruch zur Gleichbehandlung und zur
Gerechtigkeit.“ Im Interview mit „Report Mainz“ erklärte Prof. Battis
weiter, diese Pensionsregelungen seien ein Anachronismus: „Diese
Deluxe-Versorgung ist ein Relikt aus einer anderen Epoche, ein
Relikt, das beseitigt werden muss, und zwar schnell.“
Auf Anfrage von „Report Mainz“ bei den Staatskanzleien aller
Bundesländer erklärten nun acht Länder, sie planten eine Neuregelung
der Ministerpensionen mit Blick auf den Bezugsbeginn und die
Mindestamtszeit. Demnach prüft Berlin zurzeit eine Neufassung des
Senatorengesetzes. Festlegungen gebe es aber noch nicht. In
Brandenburg liege ein fertiger Gesetzentwurf vor, der die
Altersgrenze für Ministerpensionen auf die für Landesbeamte geltende
Regelaltersgrenze anheben soll und der sich zurzeit in der
Regierungsabstimmung befinde. Bremen plant nach eigenen Angaben
ebenfalls, die rentenrechtlichen Regelungen auf die Senatsmitglieder
anzupassen. In Hamburg sei eine Anhebung der Altersgrenze für den
Bezugsbeginn für Ministerpensionen „in der Diskussion“.
Mecklenburg-Vorpommern plant nach eigenen Angaben eine Erhöhung der
Mindestamtszeit und eine Heraufsetzung der Altersgrenzen für den
Bezug von Ruhegehalt. Es sei geplant, „im Laufe des Jahres 2012 einen
Gesetzentwurf in den Landtag einzubringen“. Niedersachsen erklärte,
eine Gesetzesinitiative zur Neuregelung überlasse die Landesregierung
den Landtagsfraktionen, diese hätten einen ersten Diskussionsentwurf
jedoch vorerst zurückgestellt. Die Debatte werde aber sicher „in
absehbarer Zeit weitergeführt werden“. Nordrhein-Westfalen erklärte,
im Herbst 2011 sei eine Überprüfung der Regelungen zur
Altersversorgung der Regierungsmitglieder eingeleitet und ein
externes Rechtsgutachten in Auftrag gegeben worden. Sachsen-Anhalt
betonte, die Ministerpensionen „auf den Prüfstand“ zu stellen, dabei
gebe es „keine Tabus“. Im Interview mit „Report Mainz“ räumte der
Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff (CDU), ganz
offen Handlungsbedarf ein: „Das ist schon viele Jahre so praktiziert,
das haben wir so übernommen, aber das heißt nicht, dass es so bleiben
muss, und deswegen prüfen wir das.“
Strengere Pensionsregeln für Minister, die aber immer noch vom
Bund abweichen, gelten beispielsweise in Ländern wie Rheinland-Pfalz
(Anspruch nach 5 Amtsjahren mit 65, ab 8 Jahren Amtszeit mit 62 und
ab 10 Jahren mit 60), Bayern (Anspruch nach 5 Amtsjahren mit
Regelaltersgrenze, mit 62 nach mindestens 10 Jahren Amtszeit) und
Baden-Württemberg (Anspruch mit 62 Jahren nach 5 Jahren Amtszeit,
nach 6 und 7 Amtsjahren Anspruch mit 60 bzw. 58 Jahren, bei mehr als
8 Amtsjahren Anspruch ab 57 Jahren).
Weitere exklusive Informationen finden Sie auf der Internet-Seite
www.reportmainz.de. Zitate gegen Quellenangabe frei. Bei Fragen
wenden Sie sich bitte an „Report Mainz“, Tel.: 06131/929-33351.
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