„Menschen bei Maischberger“ am Dienstag, 25. Februar 2014, um 22.45 Uhr

Das Thema:

„Hartz IV für alle: Sind wir das Sozialamt Europas?“

Haben arbeitslose EU-Zuwanderer Anspruch auf Hartz IV? Seit
Monaten streiten die deutschen Gerichte darüber. Die Europäische
Kommission macht Druck: Man könne EU-Bürgern Sozialleistungen nicht
grundsätzlich verweigern. Jetzt gab es ein Aufsehen erregendes
Urteil: Das Sozialgericht Dortmund hat einer arbeitslosen Familie aus
Spanien Harz IV gewährt. Ist das gerecht? Sind wir Zahlmeister
Europas? Oder profitieren wir in Wirklichkeit nicht von unseren
Zuwanderern und müssen als reiche Europäer Verantwortung übernehmen?

Gäste:

Bernd Lucke, AfD (Parteivorsitzender) Sven Giegold, B´90/Grüne
(Europaabgeordneter) Monika Hohlmeier, CSU (Europaabgeordnete) Said
El Kadi D. (Spanischer Hartz IV-Empfänger) Lars Schulte-Bräucker
(Anwalt) Jakob Augstein (Chefredakteur „Der Freitag“) Wolf von
Lojewski (Journalist)

Bernd Lucke, AfD

„Wenn jeder, der hierher kommt, Anspruch auf Hartz IV hätte, würde
das unseren Sozialstaat ruinieren“. Der Chef der eurokritischen
„Alternative für Deutschland“ lehnt Sozialhilfe für EU-Ausländer ab:
Vor allem die Zuwanderung schlecht Qualifizierter sieht Bernd Lucke
kritisch, da sie schnell überhand nehmen könne. Der Regierung wirft
der Ökonom vor, den Bürgern bei der Diskussion über die ungelösten
Aufgaben in Europa „gezielt Sand in die Augen zu streuen“.

Sven Giegold, B´90/Grüne

„Die EU als politische Einheit und Binnenmarkt mit offenen Grenzen
soll die Mobilität der Menschen erleichtern“, sagt der Attac-Gründer.
Das habe zu dynamischen Wanderungsbewegungen geführt. Es sei ein
Irrglaube zu meinen, dass bei der Zuwanderung immer nur die für die
jeweilige Arbeitsmarktlage passgenau qualifizierten Migranten kämen.
Das Credo des finanzpolitischen Sprecher der Grünen im Europarlament:
„Armut bekämpfen und Integration fördern“.

Monika Hohlmeier, CSU

„Die Freizügigkeit hat für Deutschland viele Vorteile. Sie ist ein
hohes Gut, von dem wir besonders profitieren“, sagt die
Unionsabgeordnete im Europaparlament. Aber Europa sei keine
Sozialunion, in der man in jedem Land Sozialleistungen beanspruchen
könne. Es sei ein deutlicher Zuzug von Menschen festzustellen, „die
keine Qualifikation, keinen Arbeitswillen, keine Bereitschaft zur
Integration haben und häufiger durch kriminelle bzw. betrügerische
Taten auffallen. Das ist Missbrauch von Freizügigkeit, dem wir
frühzeitig Einhalt gebieten wollen“, sagt Monika Hohlmeier.
Widersprüchliche Urteile würden den Missbrauch begünstigen.

Said El Kadi D. und Lars Schulte-Bräucker Sein Fall birgt
juristischen und politischen Sprengstoff: Der aus Marokko stammende
Spanier hat über 20 Jahre als Konditor in einer Madrider Fabrik
gearbeitet. Als er seinen Job verlor, kam er im letzten Frühjahr mit
seiner fünfköpfigen Familie nach Deutschland, weil er mit800 EUR
Arbeitslosengeld in Spanien nicht leben konnte. Das Jobcenter lehnte
seinen Hartz-IV-Antrag ab, weil nach deutschem Recht EU-Ausländer,
die auf Jobsuche sind, keinen Anspruch auf Leistungen haben. D.
klagte mit Erfolg vor dem Dortmunder Sozialgericht. Er und seine
Familie erhalten monatlich 1.033 EUR plus Kinder- und Wohngeld. Said
El Kadi D. wird von seinem Anwalt Lars Schulte-Bräucker begleitet.

Jakob Augstein

„Die Mär von der massenhaften Einwanderung in die Sozialsysteme
stimmt einfach nicht“, sagt der Publizist und „Spiegel
Online“-Kolumnist. Kein Land profitiere so sehr von Europa wie
Deutschland, so der leidenschaftliche Europäer: „Die Wirtschaft
braucht Zuwanderung, aber überall in Europa gibt man sich dem faulen
Zauber des reaktionären Denkens hin. Furcht vor Ausländern,
Misstrauen gegen die Zentralregierung und die kleinbürgerliche Sorge,
zwischen Reich und Arm zerdrückt zu werden, ähneln der amerikanischen
Tea Party“.

Wolf von Lojewski

„Ich weiß, wie es sich anfühlt als Einwanderer nicht willkommen zu
sein“, sagt der frühere Moderator des ZDF-„heute journal“. Als Kind
musste Wolf von Lojewski 1945 von Ostpreußen nach Westdeutschland
flüchten. Auch wegen dieser Erfahrung ist der langjährige
London-Korrespondent ein glühender Europäer: „Wir brauchen ein
offenes und freundliches Europa ohne Grenzen“. Der 76-Jährige ist
überzeugt, dass nur wenige Einzelfälle diese Offenheit ausnutzen.

„Menschen bei Maischberger“ ist eine Gemeinschaftsproduktion der
ARD, hergestellt vom WDR in Zusammenarbeit mit der Vincent TV GmbH.

Redaktion: Hans-Georg Kellner

Pressekontakt:
Agnes Toellner, Presse und Information Das Erste,
Tel: 089/5900 3876, E-Mail: agnes.toellner@DasErste.de
Felix Neunzerling, ZOOM MEDIENFABRIK GmbH ,
Tel.: 030/3150 6868, E-Mail: FN@zoommedienfabrik.de

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