Fleckenstein geht das Thema von zwei Richtungen an. Den Besucher erwartet beim Eintritt in den großen, immer noch weiß gefliesten Ausstellungsraum ein Gang durch wandhohe Duschvorhänge. Diese sind mit Zitaten jener Laura Maria Augustin beschriftet wie: „Prostituierte aus der Dritten Welt sind nicht alle Opfer von Frauenhandel und Ausbeutung“ oder „Frauen sind für Feministinnen generell Opfer und Prostituierte ganz besonders“. Diese Sätze bringen ihre soziologische Studie auf den Punkt und stehen polemisch provokant zu den gängigen Meinungen über Prostitution und Menschenhandel.
Nach dem Verlassen der –weitläufigen Duschkabine– befindet sich der Besucher im eiskalten Ausstellungsraum, der absichtlich nicht geheizt ist und zusammen mit seiner weißen Keramik eine abweisende Atmosphäre ausstrahlt. In der Mitte steht ein ebenfalls weiß gefliester Kubus mit einer halb offen stehenden Tür, die neugierig macht und in ihrer sinnlich roten Farbe anlockt. Doch wer nun erotische Stimulationen erwartet, wird enttäuscht. In dem Kubus befindet sich die originalgetreue Einrichtung eines Prostituierten- Zimmers, die dem Künstler von einer Mitternachtsmission zur Verfügung gestellt wurde. Alles, die Wände, der Teppichboden, das Bettzeug, sind in einem kräftigen Rot gehalten, jener Farbe die schon immer die Liebe symbolisierte und bis heute in keinem Bordell fehlen darf. Das Rot soll Wärme und Geborgenheit ausstrahlen, doch die auf dem Boden verstreuten benutzten Papiertücher lassen das bittere Geschäft dieses Raumes erahnen.
Fleckenstein zwingt die Besucher so ganz direkt, ja fast körperlich, sich mit dem Thema Prostitution auseinander zu setzen, sich als Frau oder Mann mit vermeintlichen Opfern und Tätern zu beschäftigen, und stellt die Thesen jener Soziologin deutlich in Frage. Prostitution, insbesondere dann wenn sie aus Armut geschieht und von Menschenhändlern erzwungen wird, kann nicht so einfach schön geredet werden. Fleckenstein stellt den Zitaten der Soziologin die kalte Realität gegenüber. Er riskiert dabei, selbst missverstanden zu werden, doch will er keine persönliche Position beziehen, sondern eine Diskussion entzünden, die dieses brisante Thema aus der allgemeinen Verdrängung heraus reist.
Adresse: Kunstverein Worms e. V. Renzstrasse 7-9
Ausstellung vom 12. Februar bis 11. März 2011
Öffnungszeiten: Mi 18-20, Sa + So 15-18
Kurator der Ausstellung: Dr. Dietmar Schuth
weitere Informationen: www.Kurt-Fleckenstein.com
Tags: FNT Kurt Fleckenstein, Kunstverein Worms, Dietmar Schuth, Installationen,
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