Hardt: Wenn man als Amerikaner eine Deutschlandreise unternimmt, ist der gefährlichste Teil der Reise die Autofahrt in Amerika zum Flughafen und zurück.

Am Freitag wurde die Nationale Sicherheitsstrategie der USA öffentlich, in der steht, Europa drohe „der Untergang der Zivilisation“. In der Nationalen Sicherheitsstrategie der USA steht zudem, die EU untergrabe die politische Freiheit. Die Migrationspolitik verändere den Kontinent. In Europa herrsche Zensur, die Opposition werde unterdrückt.

Darüber sprach Moderator Andreas Bursche mit Jürgen Hardt, dem außenpolitischen Sprecher der Bundestagsfraktion der Union, in der aktuelle Stunde im WDR Fernsehen. Die nachfolgenden Zitate sind ab sofort zur redaktionellen Verwendung frei gegeben.

Frage: Nach dem Präsentieren der Sicherheitsstrategie fällt wieder das Wort „Warnschuss“ hier in Deutschland und Europa. Sind wir denn schon aufgewacht, oder können wir es immer noch nicht glauben?

„Also wenn man die erste Amtszeit von Donald Trump kennt und auch das erste Jahr seiner zweiten Amtszeit, wird man feststellen, dass nicht viele Überraschungen in diesem entsprechenden Papier drin sind. Es geht darum Deals zu machen. Es geht um Wirtschaft. Und er sieht die grundsätzlichen idiologischen Unterschiede zwischen dem Vorgehen Putins und der westlichen Welt nicht so, wie wir das sehen. Wir sagen: Putin ist ein Diktator, der ein anderes Land völkerrechtswidrig, brutal überfallen hat und Kinder entführt hat. Und insofern ist Putin für uns kein Ansprechpartner. Allerdings schon für den US-Präsidenten. Und das ist schon mal eine Zäsur. Umgekehrt ist diese Strategie auch ein Weckruf für uns Europäer, dass wir mehr mit Amerika darüber reden müssen, wie die Zukunft unserer Wertegemeinschaft aussieht. Ich glaube in Amerika weiß man noch nicht wie viel wir jetzt für Verteidigung ausgeben, dass wir in Deutschland den Wehrdienst reformiert haben. Und in Amerika weiß man auch nicht welchen Vorteil wir von intensiveren gemeinsamen Handelsbeziehungen hätten.“

Frage: Die USA gehen ja auch ganz konkret die Demokratie in Europa, unsere Meinungsfreiheit an. Man wolle Europa bei der Korrektur helfen, steht da drin. Was löst sowas bei ihnen aus?

„Wenn ich solche Sätze lese, dann habe ich den Eindruck: Das hat Putin aufgeschrieben oder die AfD. Das ist ja die Propaganda, die die AFD über Deutschland außerhalb Deutschlands verbreitet. Die AfD macht systematisch unser Land schlecht draußen und lässt kein gutes Haar an der Regierung, aber auch nicht an dem, was wir hier in Deutschland für richtig und wichtig halten. Da brauchen wir mehr Dialog untereinander. Ich glaube, dass wir trotz einer hohen Zahl von Flüchtlingen ein höheres Sicherheitsniveau in unserem Land haben als in Amerika. Wenn man als Amerikaner eine Deutschlandreise unternimmt, ist der gefährlichste Teil der Reise die Autofahrt in Amerika zum Flughafen und zurück, weil man in Deutschland besser vor Gewalttaten geschützt ist als in Amerika. Und das müssen wir den amerikanischen Bürgerinnen und Bürgern klarer machen, und auch dem amerikanischen Präsidenten.“

Frage: Andere Außenpolitiker fordern: Wir müssen uns distanzieren. Ist das nicht auch mal ne Möglichkeit: Ein bisschen Druck aufbauen?

„Ich halte das für ziemlich waghalsig. Wenn wir unsererseits die Brücke nach Amerika hochziehen würden, würden wir uns nicht nur wirtschaftlich, sondern auch sicherheitspolitisch massiv schwächen. Wir haben ja keinerlei Hinweis darauf, dass der US-Präsident etwa was den atomaren Schutz gegen Angriffe oder die Stationierung von Truppen angeht, dass er da kurzfristig irgendwelche Umstellungen plant. Umgekehrt wären wir nicht in der Lage uns in kürzester Zeit so aufzurüsten – das wollen wir auch gar nicht – dass wir diesen amerikanischen Schutz ersetzen könnten. Also warum sollen wir das in Frage stellen, was selbst der US-Präsident nicht in Frage stellt.“

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