Fritz Pleitgen: Krenz hat 1989 die Chance vertan, die DDR-Bevölkerung durch Offenheit für sich zu gewinnen

Am 9. November vor 25 Jahren fiel die Mauer. Aus
diesem Anlass zeigt phoenix am kommenden Sonntag zum Jahrestag in dem
Themenschwerpunkt „Als es noch zwei Deutschlands gab“ um 10.30 Uhr
das Originalgespräch von Fritz Pleitgen mit Egon Krenz. Der
WDR-Chefredakteur und spätere Intendant Pleitgen sprach am 23.
November 1989 mit Krenz, dem damaligen Partei- und Staatschef der
DDR, über die Zukunftsperspektiven nach der Grenzöffnung. Der Titel
der Sendung lautet „Die Ansichten des Egon Krenz – Ein Gespräch mit
dem Partei- und Staatschef der DDR“. Im Interview mit der
phoenix-Presseabteilung erzählt Fritz Pleitgen, wie er das Gespräch,
das für viel Aufsehen sorgte, damals wahrgenommen hat.

Herr Pleitgen, am 23. November 1989 haben Sie als erster
westdeutscher Journalist Egon Krenz, den Nachfolger Erich Honeckers
als Partei- und Staatschef der DDR, in Berlin interviewt. Wie haben
Sie ihn erlebt?

Als ich ankam, räumte mein Kamerateam gerade das ehemalige
Honecker-Büro um, damit es für das Fernsehen interviewtauglich wurde.
Plötzlich stand Krenz bei uns und sagte mir: „Für mich steht bei
diesem Interview viel auf dem Spiel, ich bin es auch nicht gewohnt,
von West-Journalisten interviewt zu werden. Was raten Sie mir?“ Ich
sagte ihm, er solle immer die Wahrheit sagen und offen sein. Das käme
beim Publikum am besten an.

Hat er sich an Ihren Rat gehalten?

Nach der ersten Frage merkte ich, dass er wie immer redete. Da war
nichts von Offenheit. Als er nach der zweiten Frage weiter im
gleichen Stil antwortete, wurde mir klar, dass ich dies so nicht
durchgehen lassen kann. Also habe ich entsprechend seiner Antworten
meine Fragen spontan formuliert.

Wie schätzten Sie das Interview, das große Wellen schlagen sollte,
selbst ein?

Ich war mit mir eigentlich unzufrieden und dachte, den habe ich zu
gut davonkommen lassen. Aus Ärger auf mich habe ich mir dann die
Sendung nicht angesehen. Sofort danach rief mich Dirk Sager vom ZDF
an und sagte: „Den hast Du nicht davonkommen lassen.“ Am nächsten Tag
waren die Zeitungen voll von dem Interview. In den Tagen darauf
trafen viele Briefe ein. Die große Mehrheit fand, dass Krenz endlich
in einer Weise befragt wurde, in der er immer hätte befragt werden
sollen. Es gab auch einige, die der Meinung waren, ich hätte ihn über
den Tisch gezogen. Der Meinung war Krenz wohl auch.

Die Wirkung des Interviews war auf jeden Fall enorm…

Später habe ich gehört, dieses Interview habe mit dazu
beigetragen, dass Krenz als Parteiführer keine Zukunft mehr hatte.
Und die SED mit ihm genauso wenig.

Sonntag, 09. November 2014, 10.30 Uhr
Die Ansichten des Egon Krenz – Ein Gespräch mit dem Partei- und
Staatschef der DDR

Die Sendung ist Teil des phoenix Thementages zum 25. Jahrestag des
Mauerfalls.

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