DER STANDARD-Kommentar: „Den Konflikt wegreden“ von Gerald John

Es war eine unchristliche Zeit, zu der sich brave
Väter mit Sinn für Familienleben besser nicht herumtreiben sollten:
Zu mitternächtlicher Stunde hatte sich das Spitzenpersonal der ÖVP am
Sonntag in der Parteiakademie in Wien versammelt. Die bösartigen
Medien vermuteten natürlich gleich eine Krisensitzung, doch solche
Interpretationen verbat sich der Gastgeber entschieden. Ein ganz
normales Treffen, wie es alle Wochen stattfindet, versicherte Michael
Spindelegger, von Querelen keine Spur. Nix zu sehen, bitte
weitergehen!

So wird das nichts mit dem neuen Stil in der Politik. Wenn eine
Unart quer durch alle Lager Wähler vertreibt, dann sind es Auftritte
wie diese: von Politikern, die partout keinen Fehler einräumen
wollen, Niederlagen schönfärben, Entschuldigungen nur unter
rhetorischen Verrenkungen hervorpressen – oder, wie Spindelegger, das
Offensichtliche bestreiten. Ein ÖVP-Chef, der nach tagelangen
Querschüssen aus den eigenen Reihen so tut, als träfe er sich mit den
Kollegen auf einen lange ausgemachten Kegelabend, wirkt nicht
souverän, sondern skurril.

Ein offensiverer Umgang mit dem Konflikt könnte den Schaden für
Spindelegger eher begrenzen als Wegreden. Denn es ist ja nicht so,
dass seine Gegner in der öffentlichen Meinung unangreifbar sind: Der
Parteichef, der eigenmächtigen Landesfürsten auf Augenhöhe
entgegentritt, wäre eine Rolle, in der Spindelegger Statur gewinnen
könnte.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

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