„Beckmann“ am Donnerstag, 6. Oktober 2011, um 23.00 Uhr

Unschuldig im Gefängnis – wie ein Fehlurteil ein
Leben zerstören kann

Jährlich werden in Deutschland etwa 800.000 Strafsachen
rechtskräftig erledigt. Experten schätzen, dass viele Angeklagte
aufgrund falscher Beschuldigungen zu Unrecht verurteilt werden. Sind
Fehlurteile im Strafprozess unvermeidbar? Wie leicht gerät man
unschuldig in die Mühlen der Justiz? Und wie schwer ist es für
Justizopfer, Gerechtigkeit und Entschädigung zu erfahren? Darüber
sprechen bei „Beckmann“.

Horst Arnold (Lehrer, der nach einem falschen
Vergewaltigungsvorwurf fünf Jahre unschuldig im Gefängnis saß) Ein
Fehlurteil zerstörte sein Leben: Im August 2001 wird der Biologie-
und Sportlehrer Horst Arnold von einer Kollegin beschuldigt, sie in
der Unterrichtspause brutal vergewaltigt zu haben. 2002 verurteilt
das Darmstädter Landgericht den damals 42-jährigen zu fünf Jahren
Gefängnis – trotz zweifelhafter Beweislage und den kaum glaubhaften
Aussagen des angeblichen Opfers. Weil der Lehrer wegen des falschen
Vergewaltigungsvorwurfs keine Reue zeigen kann und eine Therapie
verweigert, muss er seine Haftstrafe vollständig verbüßen. Jetzt hat
das Kasseler Landgericht im Wiederaufnahmeverfahren Horst Arnold
wegen „erwiesener Unschuld“ freigesprochen: Die Hauptbelastungszeugin
soll sich mehrfach durch Lügen und erfundene Geschichten systematisch
persönliche Vorteile verschafft haben, das Darmstädter Gericht habe
elementare Grundregeln der Wahrheitsfindung missachtet. Bei
„Beckmann“ schildert Horst Arnold, wie er durch das Fehlurteil alles
verlor: seinen Job, seine Gesundheit und seine Freunde. Begleitet
wird der 52-Jährige von seinem Rechtsanwalt Hartmut Lierow, der den
Fall neu aufrollte.

Stefan Schober (Kraftfahrer, der als Zeuge zu Unrecht wegen
angeblicher Falschaussage in vierwöchige U-Haft kam) und seine
Ehefrau Elke Schober Aus dem Zeugenstand in Untersuchungshaft: Obwohl
Stefan Schober die Wahrheit aussagte, wurde er als Zeuge im Prozess
um einen Autounfall wegen angeblicher Falschaussage verhaftet. Erst
vier Wochen später ließ die Nürnberger Justiz den unschuldigen
Familienvater wieder frei. Seine Frau Elke und die beiden Kinder
belastet das geschehene Unrecht bis heute.

Sabine Rückert (Gerichtsreporterin „Die Zeit“) Unrecht im Namen
des Volkes – Sabine Rückert klärte vor einigen Jahren einen
Justizirrtum infolge falscher Vergewaltigungsvorwürfe auf. Die
Gerichtsreporterin der „Zeit“ plädiert für das hohe Gut der
Unschuldsvermutung – auch bei schweren Anschuldigungen.

Heinrich Gehrke (Richter am Frankfurter Landgericht a.D.)
„Baulöwe“ Jürgen Schneider musste sich vor ihm ebenso verantworten
wie der ehemalige Terrorist Hans-Joachim Klein und die wegen
Kindesmord verurteilte Monika Weimar – während seiner Richterzeit
galt Heinrich Gehrke als der „Mann für die schwierigen Fälle“.
Fehlurteile seien keinesfalls alltäglich im deutschen Rechtssystem:
Er selbst schätzt seine Quote auf maximal fünf Prozent – und bewertet
sie als „immer noch schrecklich hoch“.

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Redaktion: Franziska Kischkat
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