Allgemeine Zeitung Mainz: Verstörend / Kommentar zu Kardinal Meisner

Wenn man den Mantel der christlichen Nächstenliebe
über all das deckt, was der Kölner Kardinal Joachim Meisner im
zurückliegenden Vierteljahrhundert an Irritierendem, teils
Verstörendem verlautbart hat, kommt man zu dem Schluss: Er ist stur.
Das mag an seiner Vita liegen. Priester wurde er in der DDR, einem
von Atheismus durchdrungenen Staat. Dort Gottes Wort zu verkünden,
war aller Ehren wert und gewiss sehr schwer. Zum Erzbischof von Köln
wurde Meisner mit nur sechs Ja-Stimmen gewählt, bei zehn
Enthaltungen, nach Querelen sondergleichen. Das alleine spricht noch
nicht gegen ihn. Seine theologischen Grundpositionen, die – sehr
vereinfacht ausgedrückt – streng konservativ sind, mögen
wissenschaftlich haltbar sein. Jedoch: Mit der Art, in der er sie
lebt und verkündet, entfacht Meisner seit 25 Jahren mitunter
regelrechten Aufruhr, auch bei denen, die der Katholischen Kirche
wohlgesonnen sind. Hernach ist dann oft von „Missverständnissen“ die
Rede. Zu viele Missverständnisse, verhärtete Fronten, so geht das
nicht. Es gibt gute Beispiele dafür, dass ein hervorragender, im
Glauben fester Theologe auch ein guter Seelsorger sein kann. Etwa in
Mainz. Das ist auch keine Frage des Lebensalters. Die Katholische
Kirche wird zur Bewältigung ihrer Zukunftsaufgaben auch jene
Geistlichen brauchen, die Grundwerten wie der Familie mit Frau, Mann
und Kindern zu ihrem Recht verhelfen und dem Zeitgeist der
Beliebigkeit widerstehen. Zugleich aber müssen dogmatische
Verkrustungen, etwa bei Themen wie Scheidung, Abendmahl, Frauen im
Priesteramt, aufgebrochen werden. Am wichtigsten: Die Gläubigen – es
gibt immer weniger – müssen Wohlwollen und Verständnis finden bei
ihren Priestern. Daran mangelt es mancherorten.

Von Reinhard Breidenbach

Pressekontakt:
Allgemeine Zeitung Mainz
Wolfgang Bürkle
Newsmanager
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