Allgemeine Zeitung Mainz: Es geht auch ohne / Kommentar zum Brot als Unesco-Weltkulturerbe

Das Gütesiegel „Weltkulturerbe“ für das gute
deutsche Brot: Wer wollte etwas dagegen einwenden? Das
„gastronomische Mahl der Franzosen“ hat es 2010 schließlich auch auf
die Unesco-Welterbeliste der immateriellen Güter geschafft – und
verbindet, ebenso wie die Lust am vielfältigen Brotgenuss, aufs
Allerschönste die immaterielle Kultur des Genießens mit durch und
durch materiellen Fertigkeiten. Ja: Alles in Ordnung – mit einem
solchen Pfund darf man schon wuchern. Ein kleiner Einwand muss
trotzdem gelten. Die Philosophie hinter der immateriellen
Welterbeliste will, dass vorzugsweise Bedrohtes und Gefährdetes mit
der Unesco-Banderole versehen werden. Auf dass die Achtlosen dieser
Welt sich einer vergessenen Fähigkeit hier, eines aus der Mode
kommenden Brauchtums dort erinnern – und die Betroffenen selbst den
Mut finden zu hüten, was schon fast verschwunden ist. Solchen
Flankenschutz benötigt in den meisten Fällen denn auch tatsächlich,
was seit 2006 in die Liste fand: die Mugam-Musik in Aserbaidschan,
Kunsthandwerk des Yoruba-nago-Volkes in Togo, Mythen und Medizin der
Lallawaya-Indianer in den Anden. Unsere Brot-Kultur hingegen braucht
das, um ganz ehrlich zu sein, nicht. Europa ist auf der Unesco-Liste
des materiellen Weltkulturerbes, bei Kirchen, Burgen,
Stadtarchitekturen also, glänzend vertreten. Bemühen wir uns bei den
immateriellen Gütern in Gottes Namen um die Aufnahme der Fastnacht in
die Liste. Aber lassen wir uns mit dem Brot ruhig noch ein paar Jahre
Zeit – es wird auch ohne Unesco-Schutz unser bevorzugtes Genussmittel
bleiben.

Pressekontakt:
Allgemeine Zeitung Mainz
Florian Giezewski
Regionalmanager
Telefon: 06131/485817
desk-zentral@vrm.de

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