Wenn Gemeinden und Länder ins Kasino gehen, bedeutet
das nichts Gutes. Mag sein, dass viele von ihnen über den Tisch
gezogen worden sind. Es ist auch richtig, dass die echte
Explosionsgefahr von Zins- und Devisentauschgeschäften erst seit
Ausbruch der Finanzkrise breiteren Schichten bewusst wurde. Doch ein
wenig Hausverstand hätte geholfen. Dass Geschäfte, die man nicht
versteht, besser nicht angegriffen werden sollten, gilt ja nicht seit
gestern. Dabei waren und sind Gebietskörperschaften die schönsten
Opfer. Hohe Bonität und ständiger Finanzbedarf sind für die Banken
gleichsam eine Garantie, dass Geschäfte mit Ländern und Gemeinden
immer Hochblüte haben werden. Ein geringes Verantwortungsbewusstsein,
weil man ja nicht das eigene Geld verzockt, beflügelt den Leichtsinn,
der die späteren Verluste einbringt. Dass die öffentliche Hand in der
Regel nicht gescheiter wird, ist am Beispiel Salzburg bestens
ersichtlich. Alle Warnungen wurden in den Wind geschlagen, 2010
erfolgte dann auch noch die Spekulationsermächtigung per
Landtagsbeschluss. Im Nachhinein hat niemand etwas davon gewusst. So
war es in Linz, so ist es in Salzburg. Einmal müssen Sündenböcke her:
Entweder die Banken (die in einigen Fällen tatsächlich viel Dreck am
Stecken haben), dann wieder einzelne Beamte. Die politische
Verantwortung bleibt regelmäßig auf der Strecke. In den meisten
Fällen wird ohnehin vertuscht, und zwar parteiunabhängig. Die
Intransparenz des roten Salzburgs findet ihren Widerpart im schwarzen
Niederösterreich, das blaue Kärnten braucht ohnehin nicht näher
beleuchtet werden. Ebenso wenig wie das Derivatevolumen bekannt ist,
gibt es keine gesicherten Informationen über Haftungen und andere
Zeitbomben. Nun werden wieder Rufe nach einem Spekulationsverbot der
Länder und Gemeinden laut, VP-Chef Michael Spindelegger hat die
Finanzministerin beauftragt, strengere Regelungen auszuarbeiten. Die
Abwicklung des Finanzmanagements von Ländern und Gemeinden über die
Bundesfinanzierungsagentur – vor nicht allzu langer Zeit selbst in
Fehlspekulationen verfangen – wäre eine Möglichkeit, dürfe aber nicht
zur völligen Entmachtung der jeweiligen Gebietskörperschaften führen.
Das zeigt schon den Haken an jedem neuen Vorschlag auf: Er wird mit
Sicherheit am Einfluss der Länder scheitern. Dabei wäre jetzt die
Zeit, die Budgethoheit der Länder an sich zu diskutieren. Sie leben
gut von den Ertragsanteilen des Bundes und sind regelmäßig die
Ersten, die Bundesstaatsreformen abwiegeln. Selbst bei
Schmalspurkorrekturen in Verwaltung oder Gesundheitssystem haben die
Länderinteressen oberste Priorität. Dieses System gilt es
aufzubrechen, weil sich ein kleines Land wie Österreich drei
Verwaltungsebenen – die EU exklusive – nicht leisten kann, und diese
auch kein Mensch braucht. Während die Gemeinden – bei allem
Reformbedarf – in der unmittelbaren Betreuung der Bürger nicht
wegzudenken sind, sollten die Länder leisertreten. Das bedeutet nicht
deren Auflösung, aber Gesetzgebung und Budgethoheit würden
überflüssig. Schuldenaufnahme würde damit auch der Vergangenheit
angehören, womit Spekulationen automatisch Geschichte wären. Die
Entmachtung der Länder wäre der richtige Hebel, den Spindelegger aus
bekannten Gründen fürchtet.
Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445
Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom
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