Der Rückzug Niko Pelinkas war ein erster, wichtiger
Schritt. Die nächsten in Richtung Entpolitisierung des ORF werden
schwieriger zu erzwingen, denn in dem Fall wurde so dreist und dumm
vorgegangen, dass die Rücknahme der Personalentscheidung auch aus
Sicht der SPÖ die beste Lösung war. Wenn Wrabetz beteuert, „die
geplante Bestellung war ebenso wenig Gegenstand einer
parteipolitischen Absprache wie sein nun bekanntgegebener Rückzug“,
glaubt ihm das keiner. Glaubwürdigkeit, dass er tatsächlich
unabhängig agiert, würde Wrabetz erst gewinnen, wenn er weder
VP-Personalwunsch Robert Ziegler als Bundesländerkoordinator noch den
Verbindungsmann zum blau-orangen Lager, Thomas Prantner, als
Vize-Technikdirektor bestellt.
Dass Stiftungsräte nicht direkt in Spitzenpositionen des ORF
katapultiert werden können, ist der nächste Schritt nach dem Fall
Pelinka. Der SPÖ-nahe Technikchef Michael Götzhaber und der Tiroler
Landesdirektor Helmut Krieghofer, ein früherer ÖVP-Mandatar, müssten
ihre gerade bezogenen Posten gleich räumen. Schließlich liegt nahe,
dass sie – mit Parteienunterstützung – nur deshalb dort gelandet
sind, weil sie Wrabetz mitgewählt haben. Die Grünen müssen sich Pius
Strobl als ihren Sündenfall vorhalten lassen, der Wrabetz– Wahl vor
fünfeinhalb Jahren organisiert hat und dann Kommunikationschef wurde.
Kein Wunder, dass sich die Grünen deshalb in der Debatte rund um
Pelinka still verhalten haben.
Eine journalistische Funktion als Dank – oder als Verpflichtung
gegenüber einer Partei – ist im ORF üblich, in der Wiener Zentrale
wie in den Landesstudios. Das sogenannte Anhörungsrecht der
Landeshauptleute bei der Bestellung des Landesdirektors ist in
Wahrheit ein Mitbestimmungsrecht.
Auch die Zusammensetzung des Stiftungsrates, die unter Wolfgang
Schüssel (VP) beschlossen wurde, garantiert weiter die
Parteiensteuerung. Statt konsequent Experten in das Gremium zu
setzen, gibt es die sogenannten Freundeskreise der Parteien, die
Politikferne vernebeln.
Dass die Parteien den ORF weiter als Teil ihres Einflussbereichs
betrachten, zeigen die Erklärungen nach dem Rückzug Pelinkas.
Bundeskanzler Werner Faymann (SP) stellte diese Woche im Nationalrat
mit dem Grundton der Empörung fest: „Dass Parteien gar nichts mehr zu
reden haben, das gibt es in ganz Europa nicht.“ An die BBC hat er
wohl nicht gedacht.
Bei Chefbestellungen gibt es bei öffentlich-rechtlichen Anstalten in
Deutschland sehr wohl massive personalpolitische Eingriffe, wie die
Vorgänge rund um Nikolaus Brender beim ZDF und die Kür von Angela
Merkels Regierungssprecher Ulrich Wilhelm beim Bayerischen Rundfunk
gezeigt haben. Aber der Durchgriff reicht nicht bis ins letzte Glied
wie beim ORF und bei einigen Printmedien.
Dass die SPÖ direkt oder indirekt Miteigentümer bei Eva Dichands
Gratisblatt Heute sein könnte, die ihre Eigentumsverhältnisse hinter
komplizierten Stiftungskonstruktionen verschleiert, wird auch nach
dem neuen Medientransparenzgesetz nicht eindeutig zu klären sein. Mit
dem Gesetz, das im Juli in Kraft tritt, wurde dem öffentlichen Druck
formal nachgegeben. Aber es gibt keine Medienbehörde, die
kontrolliert, ob die Angaben stimmen. Dass VP-Klubchef Karlheinz Kopf
versichert, er werde ein Auge darauf haben, ist so glaubwürdig und
beruhigend wie Wrabetz– Beteuerungen.
Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445
Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom
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