Im Votingformat zur Geschichte der
ARD-Politikmagazine erzählt Günther Beckstein, wie die Stasi ihn beim
Babywickeln belauschte, und Ulrich Wickert berichtet von klebrigen
Details bei einer brisanten Recherche.
Manchmal liegen politische Brisanz und alltägliche Banalität ganz
nah beieinander. Das wird deutlich, wenn Ulrich Wickert aus seiner
Zeit als Reporter des Politikmagazins „Monitor“ im wahrsten Sinne des
Wortes klebrige Details verrät: Ein Informant in der
„Starfighter“-Affäre der 60er Jahre verlangte von ihm als
Gegenleistung für brisante Details zum damaligen
Bundesverteidigungsminister Franz-Josef Strauß ein süßes Honorar:
zwei Kilo Gummibärchen. Wickert brachte sie in Plastiktüten nach
London. Diese Geschichte erzählt er in der Sendung „Skandal! Affäre!
Enthüllung! – Ihre Highlights aus 50 Jahren Politikmagazine“. Die ARD
hat den Geburtstag der politischen Magazine von „Panorama“ bis
„Report Mainz“ zum Anlass genommen, ihre Zuschauer abstimmen zu
lassen, und gefragt: „Welcher Skandal, welche Affäre, welche
Enthüllung aus den vergangenen 50 Jahren hat Sie am meisten bewegt?“
Zehn Themen standen zur Wahl – vom CDU-Parteispendenskandal über
die Starfighter-Affäre bis hin zu Enthüllungen rund um die Stasi. Mit
der hat Bayerns Ex-Ministerpräsident Günther Beckstein seine ganz
private Geschichte: DDR-Schnüffler hatten ein Gespräch mit seiner
Frau abgehört. Der Inhalt: Der gemeinsame Sohn wird gewickelt und
dafür werden Pampers-Windeln verwendet. So penibel niedergeschrieben
fand Günther Beckstein es später im Protokoll der Stasi.
Eine andere Begebenheit berichtet Peer Steinbrück: Ein
katholischer Pfarrer war es, der ihm 1968 in Italien Avancen machte.
Solange, bis ein Freund Steinbrücks dem zudringlichen Kirchenmann
drohte, „wenn er es fortsetzen würde, dann kriegt er einen aufs
Maul.“ Der ungekürte SPD-Kanzlerkandidat erzählt diese Geschichte aus
seiner Jugend, als es im Interview um Missbrauchsfälle in der
katholischen Kirche geht – in den vergangenen Jahren immer wieder
Thema der politischen Magazine.
Neben Steinbrück und Beckstein kommentieren und erzählen Politiker
wie Claudia Roth und Wolfgang Gerhard, die Moderatoren Marcel Reif
und Sandra Maischberger sowie Künstler wie Marius Müller-Westernhagen
und Dieter Nuhr, welche Erinnerungen und besonderen Beziehungen sie
zur Berichterstattung von „Panorama“, „Monitor“, „Report München“,
„Report Mainz“, „Fakt“ und „Kontraste“ haben. In einem sind sich alle
einig: Die ARD-Politikmagazine haben die Geschichte der
Bundesrepublik bis heute in besonderer Weise geprägt. Immer wieder
haben sie mit Enthüllungen Schlagzeilen gemacht, sich in politische
Diskussionen eingemischt und Missstände aufgedeckt.
Mit „Skandal! Affäre! Enthüllung!“ probiert Das Erste zum ersten
Mal eine neue Form der Jubiläumssendung aus. So genannte
Votingformate, also Sendungen, bei denen das Zuschauervotum die
Präsentation von Beiträgen bestimmt, sind bislang vor allem in der
Unterhaltung erfolgreich. Die Koproduktion von NDR und SWR wendet
dieses Prinzip jetzt auf investigative Berichterstattung an.
Die Autoren Dominique Ziesemer (NDR) und Benjamin Cors (SWR) haben
für das Projekt hunderte Stunden Archivmaterial gesichtet und
ausgewertet, um einen attraktiven, spannenden Themenmix auszuwählen.
Benjamin Cors vom SWR in Mainz, der bereits den Film „60 Jahre ARD“
produziert hat, sagt: „Wichtig für uns war es, dass wir wirklich aus
jedem Jahrzehnt Themen finden, dass wir –Dauerbrenner– der Magazine
genauso berücksichtigen, wie einzelne herausragende oder besonders
umstrittene Filme.“ Dominique Ziesemer ergänzt: „Natürlich müssen
sich auch die Promis, die wir interviewen, spontan an die Geschichten
erinnern können. Schließlich wollen wir keinen Film für
–Magazininsider– machen, sondern echtes Erinnerungsfernsehen.“
Dominique Ziesemer hat das einzige Quiz rund um die deutsche
TV-Geschichte „Wer hat–s gesehen?“ erfunden und etliche Votingformate
produziert.
Die Idee für „Skandal! Affäre! Enthüllung!“ ist im NDR entstanden.
Redakteur Stephan Brünjes, Chef von Dienst im Programmbereich
Zeitgeschehen, konnte dabei auf Erfahrungen aus dem NDR Fernsehen
zurückgreifen: „Das Votingformat –Die größten Schlagzeilen der
Politik– lief bei uns im Dritten ausgesprochen erfolgreich. Das hat
uns gezeigt, dass die Zuschauer durchaus Interesse an dieser neuen
Art des Erinnerungsfernsehens haben.“ Redakteur Adrian Peter, Chef
vom Dienst bei „Report Mainz“ ergänzt: „Gerade über das Internet und
social media haben wir hier die Chance, Zuschauer anzusprechen, die
nicht ohnehin regelmäßig die politischen Magazine sehen. Damit ist
natürlich die Hoffnung verbunden, auch jüngere Menschen für die
Inhalte von Politikmagazinen zu begeistern.“
Pressekontakt:
NDR Presse und Information, Tel. 040/4156-2300, presse@ndr.de
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