Neue OZ: Kommentar zu Bulgarien / Kunst / Museen

Olymp oder Rumpelkammer?

Für die einen ist es der Aufstieg in den Olymp der Kunst, für die
anderen der Abstieg in die Rumpelkammer der Geschichte: Der Weg in
das Museum bedeutet nicht für jedes Werk das Gleiche. Ob Bilder und
Plastiken im Museum Wirkung entfalten oder sie nachhaltig einbüßen,
hat mit dem Kontext ihrer Entstehung zu tun.

Die Denkmalsklötze des sozialistischen Bulgarien liefern dafür das
beste Beispiel. Im Museum verlieren sie endgültig, was auf Plätzen
ihre Wirkungsmacht ausmachte: den Ausdruck ideologisch abgesicherter
Verbindlichkeit. Im Museum gestrandet, wirken die wuchtigen
Führerfiguren mit einem Mal nur komisch und vorzeitig gealtert. Sie
befremden als bloße Relikte abgelegter Ideologie. Mehr nicht.

Allerdings erleben diese Exponate nun einen radikalen
Funktionswandel, den auch andere Bildwerke durchmachen mussten. Was
ist etwa mit Andachts- und Altarbildern, die vormals Gegenstand
religiöser Verehrung waren und heute Kunstfreunde begeistern? Sie
haben eine Funktion vollständig abgelegt, um eine neue zu gewinnen.
Soll das nicht auch für jene Leninköpfe möglich sein, die nun in
Sofia ein zweifelhaftes Vergnügen bereiten? Die Möglichkeit ist nicht
ausgeschlossen. Einstweilen kämpfen wir nur mit der Zumutung, diese
Wackersteine ästhetisch anspruchsvoll finden zu sollen.

Pressekontakt:
Neue Osnabrücker Zeitung
Redaktion

Telefon: 0541/310 207

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