Neue OZ: Kommentar zu Kleist – Jahr

Weggefährte für eine Zeit der Umbrüche

Die Falle hätte so leicht zuschnappen können: eine opulente
Ausstellung, an zwei Orten wie ein Dichtermonument inszeniert – ein
Albtraum im Kleist-Jahr 2011. Die Präsentation, lange vorher als
Höhe- und damit Orientierungspunkt des Jubiläumsjahres angekündigt,
hätte nur eine fatale Tradition fortgesetzt. Statt des Monuments
bekommen wir nun einen offenen Raum der Imagination. Damit entspricht
die Ausstellung nicht nur sehr viel genauer dem Andenken Kleists, das
vor allem aus Texten, nicht so sehr aus hinterlassenen Devotionalien
besteht. Insbesondere distanzieren sich die Kuratoren damit
nachdrücklich von der nationalistisch eingefärbten Kleist-Hysterie
früherer Zeiten. Aus markigen Preußen-Versen des Dichters fertigte
man seinerzeit gern geistige Geschosse für den Krieg der Kulturen.
Das Bild des Kriegers Kleist ist längst verblasst. Heute interessiert
er uns als Zeitgenosse einer Wende- und Umbruchzeit, der sensibel auf
krisenhafte Erschütterungen reagierte. Dieser Kleist, der mit
bestürzend radikalen Texten auf irritierenden Wertewandel antwortete,
wird als Weggefährte für die Gegenwart gerade überraschend neu
entdeckt.

Pressekontakt:
Neue Osnabrücker Zeitung
Redaktion

Telefon: 0541/310 207

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