Sport1 überträgt Spitzenspiel live
Nur drei Tage nach dem hart erkämpften 33:29-Erfolg über Kielce in der Champions League steht für den THW Kiel am Mittwoch eine weitere richtungsweisende Partie auf dem Plan: Im Rahmen des 8. Bundesliga-Spieltags steht in der Campushalle in Flensburg das 65. Nordderby auf dem Plan. Beide Mannschaften brauchen unbedingt einen Sieg, um den Berliner Füchsen weiter auf den Fersen zu bleiben. Der seit Wochen ausverkaufte Klassiker wird um 20.45 Uhr angepfiffen, Sport1 überträgt das Derby live im Fernsehen.
In der vergangenen Spielzeit galt die SG Flensburg-Handewitt zweifelsohne zu den großen Überraschungen der TOYOTA Handball-Bundesliga. Trotz einer leichten finanziellen Schieflage zu Beginn der Saison 2009/10, die darin mündete, dass die Spieler zu einem Gehaltsverzicht von 15 Prozent bewegt werden mussten, konnten die Nordlichter in die Phalanx der drei designierten Meisterkandidaten aus Kiel, Hamburg und Mannheim einbrechen und mit letztlich 54:14 Punkten und dem damit verbundenen dritten Platz die direkte Qualifikation für die Champions League unter Dach und Fach bringen. Mit einer jungen Mannschaft um seinen Sohn Oscar wusste Trainer Per Carlen nicht nur die eigenen Fans zu begeistern. Einzig die DHB-Pokal-Niederlage zu Hause ausgerechnet gegen den THW Kiel und das überraschende Aus im Halbfinale des EHF-Pokals gegen die Kadetten Schaffhausen trübten ein wenig das positive Gesamtbild.
So verwundert es nicht, dass der Kader der Vorsaison größtenteils gehalten werden konnte. Einzig zwei Spieler suchten aufgrund ungenügender Spielanteile das Weite: Der isländische Linkshänder Alexander Petersson heuerte bei den Füchsen Berlin an, der junge schwedische Torhüter Johan Sjöstrand unterschrieb nach nur einer Saison an der Förde für vier Jahre beim ruhmreichen FC Barcelona. Während die in der letzten Spielzeit schon nicht mehr eingesetzten Alen Muratovic und Johnny Jensen verletzungsbedingt ihre Karrieren beendeten und Ex-Kapitän Torge Johannsen nach einem Leihgeschäft nun fest bei der TSV Hannover-Burgdorf unter Vertrag steht, wiegt aber besonders der Abschied von Flensburgs Ikone Lars Christiansen schwer. Nach insgesamt 14 Jahren bei der SG wurde der dänische Linksaußen bei seinem letzten Auftritt in der Sparkassen-Arena-Kiel im April sogar von den Kieler Fans mit minutenlangen Standing Ovations bedacht.
Neu in der ansonsten jungen Mannschaft sind hingegen drei Routiniers. Als neue Nummer 2 im Tor hinter Dan Beutler wurde der 34-jährige Däne Sören Rasmussen verpflichtet. Der 20-fache Nationalkeeper spielte zuletzt in der Heimat bei Meister Aalborg und brillierte die Spielzeit über mit einer Quote von 39 Prozent. Nachdem sich der Wechsel Sjöstrands nach Barcelona bis in den Sommer hinzog, war Teammanager Ljubomir Vranjes von dessen Nachfolger begeistert: „Wir freuen uns, dass sich Sören für uns entschieden hat. Trotz der Kurzfristigkeit ist es uns gelungen, die Position des Schlussmannes sehr gut zu besetzen.“ Als neuer Linkshänder für den Rückraum wurde mit dem 31-jährigen Ungarn Tamas Mocsai ein Spieler verpflichtet, der für Kronau/Östringen und Lemgo bereits 158 Bundesligaspiele absolvierte. Mocsai kann sowohl auf der rechten Seite als auch in der Mitte eingesetzt werden, Per Carlen erhofft sich von dem Routinier mehr Variabilität im Angriff. Pünktlich zum Start der Saisonvorbereitung gelang der SG dann noch ein weiterer Transfercoup: Mit Viktor Szilagyi, von 2005 bis 2008 beim THW Kiel unter Vertrag, wurde ein weiterer Spielmacher vom VfL Gummersbach verpflichtet. Noch mehr Routine für Flensburg mit dem 32-jährigen Österreicher, die besonders in der Champions League mehr Sicherheit geben soll. „Unsere Mannschaft spielt in der aktuellen Saison wieder in der Königsklasse. Viktors Torgefährlichkeit und seine Routine wird uns auch bei den hohen sportlichen Erwartungen und bei der Mehrbelastung in der Champions League helfen“, ist sich Vranjes sicher.
Und die idyllisch anmutende Vorbereitung der SG ließ erneut auf eine starke Saison der Flensburger hoffen: Eine Reise nach Dubai, eine Bootsfahrt in Schweden, die Abschiedsgala von Lars Christiansen – alles Faktoren, die die Mannschaft weiter zusammenschweißten. „Das war großartig für die Gemeinschaft, das bringt alle noch enger zusammen – echtes Teambuilding“, war Trainer Carlen nach der Reise an den Persischen Golf begeistert. Doch nur wenige Tage später keimte erste Unruhe im Flensburger Paradies auf. Grund hierfür war die Ankündigung des HSV Hamburg, Martin Schwalb würde am Ende der Spielzeit seinen Trainerstuhl räumen und ins Management rücken. Der Nachfolger des Coaches solle im Februar bekanntgegeben werden, laut einschlägiger Hamburger Medien solle Per Carlen den Posten übernehmen und zusammen mit seinem Sohn in die Elbmetropole wechseln. Flensburgs Trainer bezeichnete diese Meldungen zwar als „totalen Quatsch“, und auch SG-Geschäftsführer Holger Kaiser dementierte: „Per Carlen hat mir sein Ehrenwort gegeben, dass er keinen neuen Vertrag unterschrieben hat. Ich habe ihn in einem Jahr als Mann kennengelernt, der Charakterstärke und Werte hochhält. Ich glaube ihm.“ Doch die Gerüchteküche brodelt weiter.
Derweil gelang der SG Flensburg-Handewitt sportlich alles andere als ein Auftakt nach Maß: Zwar siegte man am ersten Spieltag knapp mit 29:28 bei der SG Wetzlar, doch verpatzte die Mannschaft einige Tage darauf die Heimpremiere gegen den SC Magdeburg: Nach der 29:33-Pleite zeigte sich Kaiser enttäuscht: „Ich hatte das Gefühl, dass sechs Einzelspieler auf dem Feld stehen würden und habe eine geschlossene Mannschaftsleistung vermisst.“ Es folgten deutliche Siege gegen Friesenheim (35:26), in Hannover (30:24), beim DHC Rheinland (30:19) und gegen Lübbecke (34:25), ehe Flensburg erneut in der Campushalle in die Schranken gewiesen wurde. Gegen die noch immer verlustpunktfreien Berliner unterlag die SG knapp mit 25:26. Per Carlen machte dabei eine Schwachstelle im Angriff seiner Mannschaft aus: „Viele Mannschaften richten ihre Abwehr auf unsere rechte Angriffsseite aus, da wir über links zu wenig Wurfkraft besitzen.“ Fürwahr: Mit dem Dänen Lasse Boesen und dem 20-jährigen Talent Petar Djordjic scheint ausgerechnet die „Königsposition“ die Achillesferse der Grenzstädter auszumachen. Dennoch zeigt die Formkurve bei der SG derzeit steil nach oben: Zwei deutliche Siege in der Champions League gegen Constanta und in Sarajevo sowie das klare 31:20 in der Liga in Kassel bei MT Melsungen trugen zur Stabilisierung bei. Besonders die Abwehr scheint zur starken Form der vergangenen Spielzeit zurück gefunden zu haben.
Auf den THW Kiel wartet daher am Mittwoch wie jedes Mal ein ganz schwerer und bis auf die Haarspitzen motivierter Gegner. Während bei den „Zebras“ weiterhin die Langzeitverletzten Kim Andersson und Daniel Narcisse fehlen, muss Per Carlen – wie bereits in der gesamten Rückrunde der vergangenen Saison – auf Kreisläufer Michael Knudsen verzichten, der nach einer Knie-Operation noch an seinem Comeback arbeitet. Nach einer schwarzen Serie der Kieler seit 2002 konnte der Rekordmeister die letzten drei Gastspiele in der Campushalle wieder für sich entscheiden. Besonders stark präsentierte sich der THW beim letzten Bundesliga-Auftritt in Flensburg: Beim 41:33-Erfolg am 14. Oktober 2009 erteilten die „Zebras“ ihrem Lokalrivalen eine Lehrstunde. Die Auswärtsbilanz des THW in der Bundesliga bei der SG Flensburg-Handewitt ist aber dennoch negativ: Acht Siegen stehen 14 Niederlagen gegenüber, einmal (19:19 im November 1986) trennten sich die Teams unentschieden (siehe auch Gegnerdaten Flensburg).
Die Schiedsrichter am Mittwoch in der Campushalle sind Lars Geipel und Marcus Helbig.
Kontakt: www.thw-provinzial.de
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