Ulrich Tukur (68) ist jahrelang ohne Führerschein gefahren: „Ich habe nie einen Führerschein gehabt. In den 20 Jahren, die ich in der Toskana lebte, abgelegen in den Apenninen, musste ich natürlich Auto fahren. Ich habe es mir selbst beigebracht, mit dem Fahrzeug meiner Frau“, sagte Tukur der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ). „Über einen Führerschein habe ich erst später nachgedacht, als ich in meinen Filmen immer öfter Auto fahren musste. Ich konnte der Produktion ja nicht ewig von einem Führerschein erzählen, den ich nicht hatte. Am Ende mache ich einen Unfall und bin nicht versichert.“ Als er vor einigen Jahren nach Berlin gezogen sei, habe er den Führerschein dann mit Mitte 60 nachgeholt.
Aktuell hadert der Schauspieler noch mit der Größe seines Autos: „Wir besitzen immer noch einen Toyota-Pickup aus unserer Zeit in den toskanischen Bergen, ein richtiger Traktor, mit dem man nirgendwo einen Parkplatz findet. Rückwärts einparken kann ich sowieso nicht, das habe ich einfach nicht raus“, sagte Tukur. „Autoaffin bin ich auch mit Führerschein nicht geworden“, sagte er weiter. „Ich fahre eigentlich nur, wenn ich muss.“
Tukur kritisierte Filmproduktionen dafür, Schauspieler wegen der Zahl ihrer Follower zu engagieren: „Natürlich kommen inzwischen junge Kollegen deshalb zum Film, weil sie sogenannte Influencer sind und viele Follower haben. Auch wenn die Kamera schon läuft, gucken die immer noch in ihre Schachtel und posten irgendwas“, monierte Tukur. „Mittlerweile scheint das tatsächlich ein Einstellungskriterium zu sein. Quantität tritt an die Stelle von Qualität, der Darsteller wirkt dank seiner Follower als Multiplikator. Das ist würdelos und das Ende von Kunst.“
Eine Abhängigkeit vom Smartphone beobachtet Tukur auch im Alltag: „Wir leben in einer Leuchtschachtelkultur“, so der Schauspieler. „Es ist surreal, denn die Menschen sind ja nicht mehr da, wo sie sind, sie befinden sich irgendwo, nur nicht an dem Ort, wo ich sie sehe. Sie sind Larven, komplett abhängig von unkontrollierbaren digitalen Strukturen, sie sind Einsen und vor allem Nullen und lassen es zu, dass ihr ganzes Leben von Hightech-Konzernen bestimmt wird.“
Als eigenes Telefon präsentierte im Gespräch ein Tasten-Handy ohne Internetzugang. „Mein altes Nokia ist gerade kaputtgegangen. Jetzt bin ich an das hier geraten. Es hat ein FC-Barcelona-Logo, was mich eigentlich nicht stört. Leider sind als Klingeltöne nur Vereinshymnen verfügbar. Wenn jemand anruft, hört man das Gegröle von Zehntausenden im Stadion. Es ist ein bisschen peinlich, aber man kann es leider nicht anders einstellen.“
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