Als Deutscher, dem von Geburt an ein 
unsichtbares Hitlerbärtchen anhaftet, reibt man sich die Augen. Was 
treibt Anton Lubchenko, derart gegen die Inszenierung seiner Oper vom
Leder zu ziehen? Gesetzt den Fall, auf der Bühne wird tatsächlich 
Wodka getrunken – muss man da gleich eine antirussische Kampagne 
wittern? Wann empörten sich die Deutschen, wenn Hollywood sie als 
biertrinkende Nazis zeigte, wann die Italiener, wenn sie als 
Spaghetti spachtelnde Mafiosi vorgeführt wurden? Franzosen 
blockierten nicht tout de suite die Autoroute, wenn sie im Kinofilm 
als gitanerauchende Dauerquassler auftauchten. Ja, Klischees sind 
ärgerlich. Doch jede Nation muss damit leben, dass die Welt sich ein 
Bild macht. Die Fähigkeit, über sich selbst zu lachen, hilft dabei 
enorm. Lubchenko sagt, Kultur könne Brücken bauen, seine Oper 
zwischen Russland und Europa vermitteln. Doch während auf dem ganzen 
Globus entsetzte Menschen Charlie sind und sich für die Freiheit der 
Kunst stark machen, scheinen immer mehr Russen in ein 
Paralleluniversum verschwinden zu wollen, in dem alles nur Stärke und
Stolz und im Theater noch alles eitel Samt und Plüsch und 
Dornröschen-Zauber ist. Für europäische Bühnen führt in dieses Reich 
der Fantasie gottseidank kein Weg mehr.
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