rbb-exklusiv: Wallraff fordert mehr Bekennermut gegen Islamisten

Im Umgang mit der Bedrohung von Meinungs- und
Kunstfreiheit durch gewalttätige Islamisten plädiert Günther Wallraff
für mehr Unerschrockenheit.

Insgesamt fehle ihm in Deutschland der Bekennermut, sagte der
Schriftsteller am Freitag dem rbb-Kulturradio. „Ich glaube, wir
können von den Franzosen, von den französischen Kollegen lernen. Sie
sind, glaube ich, in vielem mutiger als wir hier in unserer deutschen
Gesellschaft das immer wieder erleben, wo ein Zurückweichen ,ein
ängstliches Zaudern oder auch eine ja fast sogar Distanzierung … zu
beobachten ist.“ Wallraff sprach im Hinblick auf die Reaktionen nach
ähnlichen, früheren Anschlägen davon, dass in Deutschland zu
beobachten sei, „dass man sagt, man darf sowas überhaupt nicht
thematisieren … ja nicht religiöse Gefühle verletzen. Aber wir
dürfen nicht vergessen, es sind Rechte, die erkämpt wurden, wo
Menschen ihr Leben gelassen haben, schon in früheren Zeiten, um
dieses Recht der freien Meinungsäußerung, der künstlerischen Kritik
durchzusetzen.“

Die Reaktionen der Öffentlichkeit in Frankreich nannte Wallraff
vorbildlich. „Die Zeitschrift erscheint weiter und in noch größerer
Auflage, in einer Million. Das ist auch eine Demonstration für
Freiheitsrechte, und gleichzeitig wird die Redaktion von einer
anderen Zeitung, Libération, eingeladen, sich dort einzuquartieren.
Sie werden auch finanziert von anderen Zeitungen. Die gesamte
Bevölkerung zeigt hier die Stirn denjenigen, die das Wort durch Mord
ersetzen wollen.“

Kritisch äußerte sich Wallraff über Zeitungen, die aus Rücksicht
auf die Gefühle von Muslimen die Mohammed-Karikaturen jetzt nicht
nachgedruckt haben oder, wie in den USA, nur verpixelt. „Ich nenne
das nicht Sensibilität, ich nenne das Feigheit. Wenn alle so
verfahren, haben die doch ihr Ziel erreicht. Das wollen sie doch,
dass man hier bestimmte freie Meinungsäußerungen, bestimmte
satirische Ausdrucksmöglichkeiten nicht mehr wahrnimmt.“ Der
Schriftsteller sagte weiter: „Wenn das alle machen würden, wenn alle
Organe hingehen würden und es jetzt noch mal veröffentlichen, dann
hätte es auch einen Schutzeffekt, dann würde in der Herde nicht mehr
der Einzelne jetzt zur Zielscheibe neuer Attentate.“

Wallraff betonte, die Mehrheit der hier lebenden Bürger
muslimischer Herkunft sei friedfertig und verabscheue solche Taten.
Er sagte aber auch: „Die Täter, das sind die Speerspitze einer großen
Bewegung, die sich sehr wohl auch religiös motivieren. Wir sollen
nicht so tun, das hätte mit dem Islam überhaupt nichts zu tun. … Es
gibt in diesen arabischen Ländern nun wirklich ganze Gesellschaften,
die entsprechend aufgebaut sind, und die von daher gesehen
klammheimliche Freude auch damit verbinden.“

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