Der deutsche Islamist Reda Seyam soll unter dem
Kampfnamen „Dhul Qaranain“ zum Bildungsminister des so genannten
Islamischen Staats ernannt worden sein. Diese Information des
Rechercheverbundes von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung bestätigten
auch deutsche Sicherheitskreise. Damit wäre Seyam der ranghöchste
Deutsche innerhalb der Terrormiliz IS. Dokumente, die dem
Rechercheverbund vorliegen, belegen, dass Dhul Qaranain der vom IS
kontrollierten Universität der irakischen Stadt Mossul Anweisungen
gegeben hat, ebenso Schulen, die vom IS kontrolliert werden. So
untersagte er u. a. den Musik-, Kunst-, Geographie- und
Sozialkundeunterricht.
Nach Meldung einer irakischen Nachrichtenseite soll jener Dhul
Qaranain, den NDR, WDR und SZ als Reda Seyam identifizieren, am
Wochenende des 6./7. Dezember südlich der irakischen Stadt Mossul bei
Kampfhandlungen ums Leben gekommen sein. Inzwischen bestätigte auch
die irakische Regierung den Tod des Bildungsministers Dhul Qaranain.
Reda Seyam hat eine jahrzehntelange Karriere als Dschihadist
hinter sich. Anfang der 90er-Jahre verkehrte der gebürtige Ägypter im
so genannten Multikulturhaus in Neu-Ulm. Das islamistische Zentrum,
das 2005 von bayerischen Behörden geschlossen wurde, erlangte als
Treffpunkt von Terroristen internationale Bekanntheit. So zählten
auch Mohammed Atta, Attentäter des 11. September 2001, und Said
Bahaji, Cheflogistiker der Anschläge vom 11. September, zu den
Besuchern des Zentrums. Weitere prominente Terrorverdächtige, die im
Neu-Ulmer Islamistenzentrum verkehrten, waren Mamdouh Mahmud Salim,
der zeitweilig als Osama Bin Ladens Finanzchef fungierte und
mitverantwortlich für die Anschläge auf die US-Botschaften in Nairobi
und Daressalam mit Hunderten Toten sein soll, und Fritz Gelowicz,
Mitglied der so genannten Sauerlandzelle, die einen Bombenanschlag
auf US-Soldaten in Deutschland plante.
Während des Bürgerkriegs in Jugoslawien hielt sich Seyam
zeitweilig in Bosnien auf – hier produzierte er Propagandavideos, die
Mudschahedin glorifizierten. Seyam wird zudem verdächtigt, Finanzier
der Bombenanschläge von Bali im Jahr 2002 gewesen zu sein – ein
Vorwurf, für den er sich nie vor einem Gericht verantworten musste.
Bei den Anschlägen starben 202 Menschen, darunter 6 Deutsche. Der
siebenfache Vater Seyam lebte jahrelang mit seiner Familie in
Berlin-Charlottenburg von Sozialhilfe und stand unter enger
Beobachtung deutscher Sicherheitsbehörden. In dieser Zeit fiel er
erneut als Produzent von Propagandavideos und Agitator in der
salafistischen Szene der Hauptstadt auf. Reda Seyam pflegte auch
engen Kontakt zu Dennis Cuspert, der als Gangsterrapper unter dem
Namen Deso Dogg bekannt wurde und inzwischen unter dem Kampfnamen Abu
Talha Al Almani für den IS in Syrien kämpft. Cuspert und Seyam waren
auch im Mai 2012 an der salafistischen Demonstration in Bonn
beteiligt, bei der 29 Polizisten verletzt wurden. Kurz danach
wanderte Seyam in sein Geburtsland Ägypten aus, das damals unter
islamistischer Herrschaft stand. Später soll er sich nach
Erkenntnissen von Sicherheitsbehörden im türkischen Reyhanli
aufgehalten haben. Im August 2013 berichtete das ARD-Magazin „Report
Mainz“, dass sich Seyam in Syrien aufhält.
Pressekontakt:
Norddeutscher Rundfunk
Presse und Information
Iris Bents
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