„DER STANDARD-Kommentar: Kind oder Karriere.“ von Alexandra Föderl-Schmid.

Zuerst Karriere, dann Kinder. Jenseits des Atlantiks
war die Empörung größer über die Nachricht, dass US-Konzerne wie
Facebook und Apple jungen Mitarbeiterinnen bis zu 20.000 Dollar
(15.624 Euro) für das Einfrieren ihrer Eizellen und die Verschiebung
ihres Kindeswunsches anbieten. Zu Recht, denn dieses Angebot
provoziert Widerspruch aus ethischen, medizinischen und
gesellschaftspolitischen Gründen. Egg-Freezing, das Einfrieren und
Auftauen von Eizellen zu einem späteren Zeitpunkt, ist inzwischen
eine gängige medizinische Prozedur. Weltweit kamen bisher rund 1500
Kinder nach Anwendung dieser Methode zur Welt. Die Frage, bis zu
welchem Alter man Kinder bekommen kann und soll, stellt sich damit
erst recht.

Dass Arbeitgeber mit einem finanziellen Lockangebot eine
wesentliche Rolle bei der Entscheidungsfindung in einem
höchstpersönlichen Lebensbereich spielen, ist neu. Der Zeitpunkt der
Empfängnis wird zu einem ökonomischen Faktor. Noch konsequenter wäre
es, wenn Unternehmer gleich eine Anti-Gebär-Prämie anbieten, damit
sie das weibliche Humankapital wirklich voll ausnützen könnten. Die
gesellschaftspolitischen Auswirkungen wären, dass man das auf einem
Umlageverfahren beruhende Pensionssystem (Aktive finanzieren Ruhende)
gefährdet.

Schwarz auf weiß wird mit diesem Angebot dokumentiert, was auch
hierzulande die Sicht vieler Arbeitgeber ist, die sie
Mitarbeiterinnen spüren lassen: Frau zu sein ist ein
Wettbewerbsnachteil und ein Beförderungshindernis. Es müssen sich bei
Bewerbungsgesprächen noch immer jüngere Frauen die Frage gefallen
lassen, wie es denn mit ihrer Familienplanung aussieht. Wer Mutter
von zwei oder mehreren Kindern ist, wird von vorneherein nicht zu
einem Termin eingeladen, zu groß ist das Risiko von Ausfällen durch
Pflegeurlaub.

Dass der Ausfall von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für einen
längeren Zeitraum insbesondere kleinere Betriebe vor Probleme stellt,
ist ein Faktum. Aber Familienverpflichtungen – dazu gehört nicht nur
die Kinderbetreuung, sondern häufig auch die Pflege von älteren
Angehörigen – sollten Männer und Frauen gleichermaßen tangieren. Wenn
auch Männer die Möglichkeiten der Karenz nach der Geburt eines Kindes
in gleichem Ausmaß nutzen oder Pflegeurlaub beantragen, dann werden
nicht nur Frauen als Risiko betrachtet.

Doch die Realität sieht anders aus. Nur knapp jeder fünfte Vater
bezieht in Österreich Karenzgeld. Selbst im öffentlichen Dienst
nutzen lediglich 13 Prozent aller Mitarbeiter, die seit der
Einführung des Papamonats vor zwei Jahren Nachwuchs bekommen haben,
diese Möglichkeit – 700 im ganzen Land. Auch Verteidigungsminister
Gerald Klug hat die Chance verpasst zu sagen: Ich kümmere mich einen
Monat lang nur um mein erstes Kind. Seiner Partnerin hat er
öffentlich wörtlich eine „Zurseitestehung“ versprochen.

Damit ist es nicht getan. Bald starten Verhandlungen über ein
Papamonat in der Privatwirtschaft. Es ist Zeit, dass Arbeitgeber für
ihre Mitarbeiterinnen den Widerstand aufgeben. Auch der Staat ist in
der Pflicht. In Deutschland gibt es den gesetzlich verankerten
Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz, in Österreich gibt es
nicht genügend Plätze. Die Rahmenbedingungen müssen geändert werden,
damit Frauen zwischen 25 und 40 Jahren nicht weiter vor der
Entscheidung stehen: Kind oder Karriere.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

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