Verfassungsschutz will erstmals linksextremes Milieu wissenschaftlich untersuchen lassen

Sperrfrist: 27.06.2014 20:00
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Der Verfassungsschutz will das linksextreme Milieu in Deutschland
erstmals wissenschaftlich untersuchen lassen. Das bestätigte der
Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen,
dem Radioprogramm NDR Info. Maaßen sprach im Interview mit dem
Nachrichtensender von einem Wissensdefizit über Strukturen und
Motive: „Es geht uns darum, dass wir prognosefähig sein können, dass
wir Szenarien erkennen können. Und deshalb brauchen wir
wissenschaftliche Unterstützung.“ Ziel sei es, Defizite an
belastbaren Informationen aufzuarbeiten, so Maaßen.

Nach Informationen von NDR Info wurde die Studie auf der Konferenz
der Innenminister (IMK) Anfang Juni in Bonn beschlossen. In einem
internen Papier der IMK heißt es dazu: „Diese Studie soll auch
genauere Erkenntnisse über das Umfeld des gewaltbereiten
Linksextremismus und mögliche Radikalisierungsprozesse aufhellen.“

Die Studie geht auf eine Initiative des Hamburger
Verfassungsschutzchefs Manfred Murck zurück. Er verspricht sich davon
Vorteile, nicht nur für die Arbeit der Sicherheitsbehörden: „Der
Staat sollte generell ein Interesse daran haben, zu verstehen, warum
Leute gegen ihn protestieren.“

An diesem Verständnis mangelt es offenkundig. Während
Milieustudien und Abhandlungen über rechtsextreme Motivlagen ganze
Bibliotheken füllten, sei das linksextreme Lager wissenschaftlich nur
wenig erschlossen, sagt der Berliner Politikwissenschaftler Professor
Hans-Gerd Jaschke. Viele seiner Berufskollegen hätten um dieses Thema
jahrzehntelang einen weiten Bogen gemacht. Niedersachsens
Verfassungsschutzpräsidentin Maren Brandenburger betonte die
Bedeutung einer solchen Untersuchung: „Für uns hätte es den Charme,
dass wir Erkenntnisse darüber gewinnen könnten, warum manche jungen
Menschen in die autonome Szene gehen und andere nicht. Für uns ist es
ganz wichtig, endlich einmal verlässliche Daten zu haben über die
Entwicklung des Linksextremismus.“ In etwa zwei Jahren soll die
Untersuchung auf dem Tisch liegen – gerechnet wird mit Kosten im
niedrigen sechsstelligen Bereich.

Rückfragen an Stefan Schölermann, NDR Info Reporterpool, Tel.
040/4156-3045.

Pressekontakt:
Norddeutscher Rundfunk
Presse und Information
Ralph Coleman
Tel: 040-4156-2302

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